Bundesrat kippt Whistleblowerschutz und bestätigt Energiesparvorgaben
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© Flashpic / Jens Krick

Im Bundesrat läuft der Parlamentsbetrieb nach dem Jahreswechsel wieder auf Hochtouren: Über 40 Punkte standen am Freitag bei der ersten Sitzung in diesem Jahr auf der Tagesordnung. Die Länderkammer bestätigte die Verlängerung der Energiesparvorgaben, plädierte für die Vereinfachung öffentlicher Ausschreibungen und verlangte Änderungen am Demokratiefördergesetz. Außerdem stoppte sie das Gesetz zum Whistleblowerschutz.

Whistleblowerschutz erhält keine Zustimmung

Der Bundestagsbeschluss zum Schutz von Whistleblowern hat am Freitag nicht die erforderliche Zustimmung im Bundesrat erhalten. Die Neuregelung kann daher nicht in Kraft treten. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) erklärte, das Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern gehe in seiner vorliegenden Fassung weit über die EU-Vorgaben hinaus. Es würde kleine und mittlere Unternehmen über Gebühr belasten. "Wir brauchen einfach mehr Augenmaß." Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) warnte, dass der vorgesehene anonymisierte Meldekanal auch die Gefahr von Missbrauch beinhalte. "Nicht jeder Whistleblower führt Gutes im Schilde."

Was der Bundestag beschlossen hat

Das Gesetz, das der Bundestag im Dezember 2022 verabschiedet hatte, regelt den Umgang mit Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen in Behörden und Unternehmen sowie mit Hinweisen auf mangelnde Verfassungstreue von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, auch wenn dabei keine konkreten Straftaten vorliegen. Diese Änderung wurde erst im Lauf der Bundestagsberatungen in den ursprünglichen Regierungsentwurf aufgenommen – unter anderem auch mit Blick auf Zugehörige der "Reichsbürgerszene“. Behörden und Unternehmen sollen gesonderte interne Anlaufstellen schaffen und auch anonyme Hinweise entgegennehmen. Zusätzlich will der Bund eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz errichten. Die Länder können eigene externe Meldestellen einrichten. Der Bundestagsbeschluss regelt Verfahren und Vertraulichkeit der Meldungen und Maßnahmen zum Schutz der Hinweisgeber vor Repressalien – aber auch Haftung, Schadensersatz und Bußgelder im Fall bewusst falscher Angaben. Hintergrund sind Vorgaben einer EU-Richtlinie, die in deutsches Recht umzusetzen sind. Das Gesetz wird nun voraussichtlich in den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag gehen.

Energiesparvorgaben gelten bis Mitte April

Die Vorgaben zum Energiesparen für Privathaushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand gelten bis 15.04.2023 fort: Der Bundesrat hat am Freitag einstimmig zugestimmt, die Geltungsdauer der entsprechenden Regierungsverordnung über den 28.02.2023 hinaus zu verlängern. Die Einsparvorgaben betreffen das Beheizen von Wohnungen und Schwimmbädern, die Höchsttemperaturen für Luft und Warmwasser in öffentlichen Arbeitsstätten sowie die Beleuchtung von Gebäuden, Denkmälern und Werbeanlagen. Aufgrund der weiter anhaltenden Notwendigkeit, Gas und Energie einzusparen, hat die Bundesregierung beschlossen, die Geltungsdauer zu verlängern. Diese Verlängerung bedurfte – anders als die ursprüngliche Verordnung – nun der Zustimmung des Bundesrates. In einer begleitenden Entschließung warnt der Bundesrat vor dem Risiko einer Gasmangellage, wenn nach dem Ende der Einsparvorgaben Mitte April nicht mehr genug Erdgas eingespart wird, um die Speicherfüllstände ausreichend hoch zu halten.

Bundesrat will öffentliche Ausschreibungen vereinfachen

Der Bundesrat plädierte in seiner Sitzung außerdem dafür, die Schwellenwerte europaweiter Ausschreibungen für öffentliche Aufträge zu erhöhen. Die Bundesregierung soll sich auf EU-Ebene für höhere, an die Inflation angepasste Grenzwerte einsetzen, fordern die Länder in einer am Freitag auf Initiative von Bayern und Nordrhein-Westfalen gefassten Entschließung. Sie wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Die seit 28 Jahren fast unverändert geltenden Schwellenwerte seien dringend reformbedürftig, so der Bundesrat. Die deutliche Verteuerung insbesondere von Bauleistungen sowie die aktuell hohe Inflation sorgten dafür, dass staatliche Auftraggeber für immer kleinere Bau- und Beschaffungsvorhaben in komplexen und aufwändigen Verfahren europaweit nach Anbietern suchen müssten. Der Bundesrat fordert daher eine marktpreisgerechte Anhebung der Schwellenwerte.

Aufwand für Auftraggeber und Auftragnehmer soll geringer werden

Ziel sei es, den Verwaltungsaufwand und die Kosten auf Auftraggeber- und auf Auftragnehmerseite zu reduzieren – und damit den Mittelstand zu entlasten. Vor allem mit Blick auf die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland mit ihren vielen kleinen Kommunen als öffentliche Auftraggeber mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen würde dies zu erheblichen Erleichterungen führen, heißt es in der Entschließung.

Derzeitige Werte ohne Inflationsausgleich

Bauleistungen müssen nach geltendem europäischen Recht ab einem Auftragswert von 5,382 Millionen Euro europaweit ausgeschrieben werden, andere Liefer- und Dienstleistungsaufträge ab einem Volumen von 215.000 Euro. Eine Regelung zum Inflationsausgleich ist derzeit nicht vorgesehen. Diese Lücke möchte der Bundesrat schließen lassen. Zudem soll sich die Bundesregierung nach den Forderungen des Bundesrats auf europäischer Ebene für einen gesonderten, höheren Schwellenwert für Planungsleistungen einsetzen. Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros zählten in Deutschland zu den zweithäufigsten Beschaffungsgegenständen, begründen die Länder ihre Forderung.

Länder verlangen Beteiligung beim Demokratiefördergesetz

Die Bundesländer verlangen zudem Änderungen am Demokratiefördergesetz der Ampel-Koalition. Sie wollen bei den vorgesehenen Maßnahmen und auch bei der Entwicklung der darin vorgesehenen Förderrichtlinien beteiligt werden. Das geht aus einer ebenfalls am Freitag beschlossenen Stellungnahme der Länderkammer hervor. Ziel des Gesetzes ist es, Vereine und Organisationen, die sich für die Stärkung der Demokratie und die Prävention von Extremismus einsetzen, künftig mit einer verlässlicheren finanziellen Grundlage auszustatten. Vom Bund finanzierte Demokratieförderprojekte sind bisher immer zeitlich befristet auf durchschnittlich drei bis fünf Jahre. Nach Ablauf dieser Zeit wissen viele Betroffene nicht, ob es für sie und ihr Projekt im darauffolgenden Jahr weitergeht. Ziel der Bundesregierung ist es, ihnen mehr Sicherheit zu geben.

Redaktion beck-aktuell, 10. Februar 2023 (ergänzt durch Material der dpa).