Bundesrat fordert Änderungen im Vormundschafts- und Betreuungsrecht

Der Bundesrat fordert Änderungen an insbesondere vormundschafts- und betreuungsrechtlichen Regelungen in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Das geht aus seiner als Unterrichtung vorliegenden Stellungnahme (BT-Drs. 20/1416) zum "Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der EU-Verordnungen über grenzüberschreitende Zustellungen und grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen, zur Änderung der Zivilrechtshilfe, des Vormundschafts- und Betreuungsrechts sowie sonstiger Vorschriften" (BT-Drs. 20/1110) hervor.

Ziel: Schnellere grenzüberschreitende Zustellung und Beweisaufnahme

Ziel des Entwurfes ist es laut Bundesregierung vor allem, die grenzüberschreitende Zustellung und Beweisaufnahme zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu beschleunigen und zu vereinfachen und entsprechende EU-Verordnungen umzusetzen. "Diese Effekte sollen vor allem dadurch erreicht werden, dass Rechtshilfeersuchen künftig elektronisch zwischen den Mitgliedstaaten zu übermitteln sind", heißt es in dem Entwurf. Anpassungsbedarf besteht demnach in der Zivilprozessordnung.

Risiko unwirksamer Zustellungen und unverwertbarer Beweisaufnahmen?

Der Bundesrat mahnt in diesem Zusammenhang an, "von der vorgesehenen gesetzlichen Normierung einer Nachrangigkeit von Zustellungen und Beweisaufnahmen durch deutsche Auslandsvertretungen" abzusehen oder zumindest klarzustellen, "dass dem zuständigen Gericht bei der Einschätzung des Vorliegens eines Ausnahmefalles eine Einschätzungsprärogative zukommt". Aus Sicht der Länderkammer besteht für diese Neuregelung eigentlich kein Anlass. Durch die Neuregelung bestünde vielmehr "das Risiko unwirksamer Zustellungen beziehungsweise unverwertbarer Beweisaufnahmen", heißt es in der Stellungnahme.

Bundesregierung teilt Bedenken des Bundesrates nicht

Die Bundesregierung weist dieses Ansinnen in ihrer Gegenäußerung zurück. Die vorgeschlagene Änderung ändere "nichts an der bisherigen Praxis". Gerichte würden weiterhin über "die erbetene Flexibilität bei Zustellungen und Beweisaufnahmen im Ausland" verfügen. Auch die Bedenken zur Unwirksamkeit teile die Bundesregierung nicht.

Auch Änderungen im Vormundschafts- und Betreuungsrecht

Der Gesetzentwurf enthält zudem Änderungen, die sich laut Bundesregierung aus dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ergeben. Die im vergangenen Jahr beschlossene Reform, die unter anderem das neue Betreuungsorganisationsgesetz beinhaltet, tritt zum 01.01.2023 in Kraft.

Bundesrat: Betreuungsbehörden sollten Führungszeugnis einholen können

Der Bundesrat schlägt in diesem Zusammenhang unter anderem vor, dass die Betreuungsbehörden mit Einwilligung des Betroffenen das für die Feststellung der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit als ehrenamtlicher Betreuer nach dem Betreuungsorganisationsgesetz notwendige Führungszeugnis sowie die Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis einholen können sollen. Das Einholen der Dokumente stelle für die ehrenamtlichen Betreuer, gerade wenn sie nicht über einen Online-Zugang verfügten, einen "nicht unerheblichen Aufwand" dar. Bei Nicht-Vorliegen der Dokumente könne es zu Verfahrensverzögerungen kommen, was wiederum den Interessen der zu betreuenden Personen zuwiderlaufen würde.

Regierung hält an persönlicher Antragstellung fest

Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag ab. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Einwilligungslösung würde mit Blick auf das Führungszeugnis einen "Systembruch" darstellen. Die persönliche Antragstellung solle gewährleisten, "dass ausschließlich die betroffene Person und nicht unbefugte Dritte Kenntnis der Registerdaten erhalten", schreibt die Bundesregierung und verweist auf ähnliche Verfahren im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Zudem sieht die Bundesregierung in der persönlichen Beantragung kein "unzumutbares Hemmnis" für eine ehrenamtliche Betreuung. Analog argumentiert die Bundesregierung mit Blick auf die Auskunft aus dem Zentralen Schuldnerverzeichnis.

Zustimmung zu anderen Änderungsvorschlägen des Bundesrates

Einigen Änderungsvorschlägen des Bundesrates stimmt die Bundesregierung hingegen zu. So stimmt sie beispielsweise zu, dass es sinnvoll erscheint, "der Betreuungsbehörde nicht nur im Rahmen der vorgerichtlichen Beratung und Unterstützung, sondern auch im gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit einzuräumen, für die in § 11 Abs. 3 des Betreuungsorganisationsgesetzes vorgesehene erweiterte Unterstützung einen anerkannten Betreuungsverein oder einen selbstständigen beruflichen Betreuer zu beauftragen".

Gitta Kharraz, Redaktion beck-aktuell, 20. April 2022.