Bundesrat bestätigt Sonderabgabe für Einwegkunststoff
Der Bundesrat hat am Freitag die vom Bundestag beschlossene Sonderabgabe für Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffen gebilligt. Plastik-Produzenten müssen die Sonderabgabe künftig abhängig von der jeweils in Verkehr gebrachten Menge an Einwegkunststoffprodukten – zum Beispiel Getränkebecher, Plastiktüten, Essensverpackungen, aber auch Tabakfilter und Luftballons – in einen Fonds einzahlen. Auf diese Weise sollen sie sich finanziell an Beseitigung und Entsorgung von achtlos weggeworfenem Plastikmüll aus Straßen und Parks beteiligen, die die Kommunen jährlich viele Millionen Euro kosten. Der Fonds wird vom Umweltbundesamt verwaltet und im Bundeshaushalt abgebildet. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie gegen die Verschmutzung durch Einwegplastik aus dem Jahr 2019, die nun in deutsches Recht umgesetzt wird. Das Gesetz soll am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten, die Abgabe- und Registrierungspflicht soll ab Januar 2024 gelten.
Deutschlandticket: Ticket für 49 Euro gilt im ganzen Land
Grünes Licht für das Deutschlandticket: Am Freitag stimmte auch der Bundesrat der Einführung des bundesweiten Tickets im Nahverkehr zu, die der Bundestag am Donnerstag beschlossen hatte. Das Deutschlandticket gilt ab 01.05.2023 zum Einführungspreis von 49 Euro im monatlich kündbaren digitalen Abonnement. Ziel ist es, die Attraktivität des Regionalverkehrs zu steigern, einen Anreiz zum Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu schaffen, Energie zu sparen und Bürgerinnen und Bürger finanziell zu entlasten, heißt es in der Gesetzesbegründung. Im aktuellen Jahr trägt der Bund die Hälfte der Mehrkosten, die den Ländern durch das neue Ticket entstehen. Bis 2025 beteiligt sich der Bund mit 1,5 Milliarden Euro jährlich an dem Vorhaben. Um die Finanzierung des 49-Euro-Tickets über 2025 hinaus dauerhaft zu sichern, ist für 2025 ein neues Gesetzgebungsverfahren geplant – dann auf Grundlage einer Auswertung der verkehrlichen und finanziellen Auswirkungen. Das Gesetz legt außerdem fest, dass die Erhöhung der sogenannten Trassen- und Stationsentgelte im Schienenpersonennahverkehr, die von den bundeseigenen Eisenbahninfrastrukturunternehmen erhoben werden, für die Jahre 2023 bis 2025 bei 1,8% liegt.
Länder fordern dauerhafte Finanzierung
In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat auf die Notwendigkeit hin, die Finanzierung dauerhaft zu sichern. Der Bund müsse auch in den Jahren 2024 und 2025 einen mindestens hälftigen Nachschuss leisten, sofern die tatsächlichen Kosten des Deutschlandtickets höher ausfallen als vom Bund angenommen. Angesichts der Klimaschutzziele im Bereich Verkehr sei der Ausbau des Angebots zwingend – auch hieran müsse sich der Bund durch Aufstockung der Regionalisierungsmittel beteiligen.
Bundesrat bestätigt Beschleunigung der digitalen Kfz-Zulassung
In seiner Sitzung am Freitag stimmte der Bundesrat außerdem einer Verordnung der Bundesregierung zu, die das Verfahren zur Kfz-Zulassung digitalisieren und beschleunigen soll. Seine Zustimmung knüpfte er allerdings an überwiegend redaktionelle Änderungen. Setzt die Bundesregierung diese um, kann sie die Verordnung veröffentlichen und wie geplant am 01.09.2023 in Kraft treten lassen. Der Gang zur Zulassungsstelle wäre damit künftig überflüssig, Kfz-Halterinnen und Halter können alles Notwendige online beantragen. Die entsprechenden Stempelplaketten für die Nummernschilder kommen anschließend per Post. In der Zwischenzeit soll der digitale Bescheid als Nachweis ausreichen. Auch Autohäuser und professionelle Zulassungsdienste sollen die digitalen Services nutzen können. Der geplante Neuerlass der bisherigen Fahrzeug-Zulassungsverordnung setzt zudem verschiedene Beschlüsse auf Bund-Länder-Ebene um und passt das geltende Recht an europäische Vorschriften und Begrifflichkeiten an. Dies betrifft auch die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr, zum Beispiel für Tages-Zulassung, Wiederzulassung, das Umschreiben oder Stilllegen von Fahrzeugen.
Bundesrat bittet um Prüfung der Missbrauchsgefahr
In einer begleitenden Entschließung bittet der Bundesrat die Bundesregierung um Prüfung, wie missbräuchliches Verhalten im Zusammenhang mit der Online-Zulassung verhindert beziehungsweise abgeschwächt werden kann. Die Länder befürchten, dass Plaketten beim Postversand entwendet und bestimmungswidrig verwendet werden oder vermehrt Fahrzeuge mit ungestempelten Kennzeichen am Verkehr teilnehmen könnten.
Pläne für Änderungen im Disziplinarrecht: Bundesrat sieht Nachbesserungsbedarf
Der Bundesrat hat sich seiner Sitzung am Freitag zudem zum Entwurf der Bundesregierung für grundlegende Änderungen des Disziplinarrechts geäußert. In seiner Stellungnahme bittet er die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit die richterrechtlichen Vorschriften angepasst werden sollten, um in Bezug auf den Straftatbestand der Volksverhetzung einen Gleichlauf der beamten- und richterrechtlichen Vorschriften zu erreichen. Diese Kritik knüpft an dem in dem Entwurf enthaltenen Vorhaben an, die Gründe für die Beendigung des Beamtenverhältnisses bei strafrechtlichen Verurteilungen zu erweitern. Bislang führen Verurteilungen zu Freiheitsstrafen – im Regelfall ab einem Jahr, in besonderen Fällen ab sechs Monaten – unmittelbar zum Verlust der Beamtenrechte, ohne dass es eines Disziplinarverfahrens bedarf.
Bundesrat befürchtet Wertungswiderspruch für Richter
Die Bundesregierung plant nun, dass eine rechtskräftige Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht erst wie bisher bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (beziehungsweise bei Versorgungsbeziehenden von zwei Jahren), sondern bereits bei einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten zum Verlust der Beamtenrechte beziehungsweise der Versorgungsbezüge führen soll. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass das Fehlen einer entsprechenden Regelung für Richterinnen und Richter zu einem Wertungswiderspruch führe, weil diese bei einer solchen Verurteilung weniger streng behandelt würden als Beamtinnen und Beamte und damit auch als Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Statt Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erheben zu müssen, sollen die Disziplinarbehörden nach der geplanten Reform künftig sämtliche Disziplinarmaßnahmen, einschließlich der Zurückstufung, der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts durch Disziplinarverfügung aussprechen. Auch will die Regierung finanzielle Fehlanreize des geltenden Disziplinarklagesystems korrigieren. Nach der Länderkammer ist nun der Bundestag am Zug.
Eigene Initiativen des Bundesrats
Auf der Agenda standen in der Sitzung des Bundesrats zahlreiche Länderinitiativen. So fasste der Bundesrat Entschließungen etwa zur bundesweiten Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung und zur Vergütung von Pflegestudierenden und beschloss, einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des Marktorganisationsgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen. Auch zahlreichen Verordnungen und einer Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung stimmten die Länder zu. Zudem berieten sie einige EU-Vorlagen. Landesinitiativen, die im Plenum vorgestellt und zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse verwiesen wurden, befassen sich mit der Stärkung der Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei der Zustellung von Paketen und der Stärkung des Industriestandortes Deutschland.