Bundesrat billigt 24 Gesetze
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In einer kurzen, aber inhaltsreichen Sitzung am 27.11.2020 machte der Bundesrat den Weg frei für 24 Bundestagsbeschlüsse - sie können nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet werden. Unter anderem ging es um höhere Hartz-IV-Sätze, das Kurzarbeitergeld und eine Stärkung der Vor-Ort-Apotheken.

Höhere Hartz-IV-Sätze ab Januar

Der Bundesrat stimmte der Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze zu. Ab dem neuen Jahr gelten dann folgende Änderungen: Der Regelsatz für alleinstehende Personen steigt von 432 auf 446 Euro pro Monat. Wer mit einer anderen Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, erhält künftig 401 statt bisher 389 Euro. Kinder bis fünf Jahre haben ab Januar Anspruch auf 283 statt bisher 250 Euro, Kinder von sechs bis 13 Jahren auf 309 statt bisher 308 Euro. Für Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre steigt der Regelsatz von 328 auf 373 Euro.

Höheres Kindergeld und höhere Freibeträge ab Januar

Mit dem Zweiten Familienentlastungsgesetz erhöht sich das Kindergeld pro Kind ab 01.01.2021 um 15 Euro pro Monat. Es beträgt damit für das erste und zweite Kind jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro, für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat. Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt entsprechend von 5.172 Euro um 288 Euro auf 5.460 Euro. Auch der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes wird um 288 Euro auf 2.928 Euro erhöht. Außerdem stellt das Gesetz mit der Anhebung des Grundfreibetrags sicher, dass das Existenzminimum der Steuerpflichtigen ab dem Veranlagungszeitraum 2021 steuerfrei bleibt: 2021 steigt der Betrag auf 9.744 Euro, 2022 weiter auf 9.984 Euro. Zum Ausgleich der so genannten kalten Progression passt der Bundestag zudem die Eckwerte des Einkommensteuertarifs an. 

Stärkung flächendeckender Arzneimittelversorgung durch lokale Apotheken

Ziele des Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken sind es, die flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch Vor-Ort-Apotheken zu stärken, solche Apotheken gezielt zu fördern und in ihrer Funktion für die qualifizierte Arzneimittelversorgung zu unterstützen. Das Gesetz sieht vor, dass für gesetzlich Versicherte künftig der gleiche Preis für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt – unabhängig davon, ob sie bei einer Vor-Ort-Apotheke oder einer EU-Versandapotheke kaufen. Versandapotheken dürfen gesetzlich Versicherten dann keine Rabatte mehr auf rezeptpflichtige Arzneimittel geben. Möglich werden zudem neue Dienstleistungen wie eine intensive pharmazeutische Betreuung bei einer Krebstherapie oder die Arzneimittelversorgung von Pflegebedürftigen zu Hause. Hierfür werden durch eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt.

Neue Vorgaben für den Personalausweis

Ausweisdokumente sollen besser vor Fälschungen geschützt werden. Daher gilt ab 02.08.2021 eine Speicherpflicht für zwei Fingerabdrücke im Chip des Ausweisdokuments. Ab Mai 2025 sind nur noch digitale Passbilder möglich, die durch eine sichere Übermittlung an die Passbehörde gesendet werden. Im Rahmen der elektronischen Übersendung wird zugleich auch geprüft, ob das digitale Foto biometrietauglich ist. Die neuen Vorgaben sollen die Gefahr von Fälschungen und Manipulationen unter anderem durch das so genannte Morphing verhindern. Personen, die weder männlich noch weiblich sind, können ein X in die Geschlechtsangabe eintragen lassen. Kinderreisepässe gelten künftig nur noch ein Jahr, können aber mehrmals um jeweils ein Jahr verlängert werden. Daneben ist weiterhin die Beantragung eines sechs Jahre gültigen, biometrietauglichen Passes möglich.

Bundesrat stimmt Vereinfachung bei Kindergeldanträgen zu

Verbesserungen soll es bei Anträgen auf Familienleistungen geben. Die Länderkammer hat einem Gesetz zur Digitalisierung entsprechender Verwaltungsverfahren zugestimmt. Das Gesetz schafft Rahmenbedingungen, um den Zugang zu wichtigen Familienleistungen zu vereinfachen. Dabei geht es zunächst vor allem um das Elterngeld, das Kindergeld und die Namensbestimmung. Ziel ist es, Eltern in der Phase rund um die Geburt eines Kindes von Bürokratie zu entlasten.

Corona-Sonderregeln beim Kurzarbeitergeld verlängert

Das Beschäftigungssicherungsgesetz verlängert die Corona-bedingten Sonderregeln beim Kurzarbeitergeld. Die vor einigen Monaten beschlossene Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 70 bzw.77% (für die Leistungssätze 3 bzw. 4) ab dem vierten Monat und auf 80 bzw. 87% ab dem siebten Monat für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis März 2021 entstanden ist, gilt nun bis Ende des Jahres 2021. Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen werden insoweit verlängert, als Entgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung, die während der Kurzarbeit aufgenommen wurde, anrechnungsfrei bleibt. Die hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für berufliche Weiterbildung in Zeiten des Arbeitsausfalls ist nicht mehr daran geknüpft, dass die Qualifizierung mindestens 50% der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss. So soll ein noch stärkerer Anreiz zu Weiterbildung entstehen. Die Maßnahmen müssen allerdings bestimmte im Gesetz näher geregelte Anforderungen erfüllen.

Milliardenhilfen für die Betreuung von Grundschulkindern

Das Ganztagsfinanzierungsgesetz richtet ein Sondervermögen zur Finanzierung ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter ein. Danach zahlt der Bund in den Jahren 2020 und 2021 jeweils eine Milliarde Euro in das Sondervermögen ein. Die Länder erhalten daraus dann Finanzhilfen für den Ausbau von Betreuungsangeboten. Die Bundesregierung will ab 2025 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter gewährleisten. Die Mittel aus dem Sondervermögen unterstützen den Ausbau der kommunalen Bildungsinfrastruktur, damit mehr und bessere Bildungs- und Betreuungsangebote bereitstehen. Kinder sollen dadurch mehr Bildungs- und Teilhabechancen erhalten, Eltern Beruf und Familie leichter vereinbaren können. In einer Entschließung forderte der Bundesrat eine Aufstockung der Mittel.

Weitere Beschlüsse

Grünes Licht gab es zudem für den Ausbau der Windenergie auf See, beschleunigte Investitionen im Verkehrsbereich, die Verschiebung des Zensus und die Entfristung einiger Vorschriften zur Bekämpfung des Terrorismus.

Vorlagen aus dem Bundesrat

Im Gegenzug erhält der Bundestag demnächst Vorlagen aus dem Bundesrat zur Beratung: die Länder beschlossen eigene Gesetzesinitiativen zur Verfolgung organisierter Steuerhinterziehung und zu Auskunftspflichten für Postdienstleister im Kampf gegen den Versandhandel mit Drogen. An die Bundesregierung richten sich Vorschläge zum geplanten Digital Services Act der Europäischen Union und zum Rechtsrahmen für die Wasserstoffwirtschaft sowie zu den Folgen des Fichtensterbens. Berlin stellte zwei neue Initiativen zum Thema Antidiskriminierung vor, mit denen sich in der nächsten Woche die Fachausschüsse beschäftigen. Kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt wurden Länderinitiativen zur Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften und zur Zulässigkeit des so genannten Drug-Checkings. 

Diskussion über Migrations- und Asylpaket der EU

Der Bundesrat nahm Stellung zu Regierungsplänen für verbesserten Jugendschutz im Bereich der digitalen Medien und zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, zu Strafrechtsverschärfungen bei der Geldwäsche sowie zur geplanten Reform des Insolvenzrechts. Umfangreich äußerte sich der Bundesrat zum geplanten EU-Migrations- und Asylpaket, zur EU-Strategie für den bargeldlosen Massenzahlungsverkehr, zum EU-Umweltaktionsprogramm bis 2030, zur Strategie zur Verringerung der Methanemissionen, zur Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit sowie zur geplanten Renovierungswelle für Europa, die Teil des so genannten Green Deals ist.

Redaktion beck-aktuell, 27. November 2020.