Entlastung bei Ticket-Preisen im Nahverkehr
Das Gesetz zur Finanzierung des 9-Euro-Tickets im Nahverkehr sieht vor, dass Fahrgäste in den Monaten Juni, Juli und August für jeweils neun Euro monatlich den öffentlichen Nahverkehr nutzen können. Die konkrete Ausgestaltung des ermäßigten Tickets obliegt den Ländern und Kommunen, da sie für den öffentlichen Nahverkehr zuständig sind. Zur Finanzierung der Kosten erhalten die Länder nach der Neuregelung zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von 2,5 Milliarden Euro für das Jahr 2022. Der Bundesrat bemängelte in einer begleitenden Entschließung, dass dies zu wenig sei und fordert eine weitere Kostenbeteiligung des Bundes und eine dauerhafte Erhöhung der Regionalisierungsmittel bereits ab 2022, um die strukturelle Unterfinanzierung des öffentlichen Nahverkehrs zu beenden.
Unterstützung für Familien und Ukraine-Flüchtlinge
Der Bundesrat hat am Freitag zudem einem Gesetz zur Unterstützung von einkommensschwachen Familien und Ukraine-Flüchtlingen zugestimmt. Das Gesetz sieht eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro für Leistungsberechtigte in den sozialen Sicherungssystemen im Monat Juli 2022 sowie einen Sofortzuschlag für leistungsberechtigte Kinder ab 01.07.2022 in Höhe von monatlich 20 Euro vor. Aus der Ukraine geflüchtete Menschen erhalten nach der Neuregelung zum 01.06.2022 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII, werden also anerkannten Asylbewerberinnen und -bewerbern gleichgestellt. Der Bund will die Länder und Kommunen bei den Kosten für Unterbringung und Versorgung der Ukraine-Flüchtlinge mit zwei Milliarden Euro unterstützen.
Beschleunigte Flüssiggasversorgung
Weiter hat der Bundesrat einem Gesetz zum beschleunigten Bau von Flüssiggasterminals zugestimmt. Ziel des Gesetzes ist es, die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Gaslieferungen zu mindern und die Gasversorgung anderweitig zu sichern – vor allem durch so genanntes LNG (Liquefied Natural Gas), also verflüssigtes Erdgas. Dieses wird auf Schiffen transportiert und muss in Deutschland an speziellen Terminals angelandet, regasifiziert und weitergeleitet werden. Die hierfür notwendige Importinfrastruktur existiert noch nicht, soll aber möglichst kurzfristig entstehen. Mit dem Gesetz soll das Genehmigungsverfahren vereinfacht werden: Behörden dürfen unter konkret definierten Bedingungen und zeitlich befristet von bestimmten Verfahrensanforderungen absehen – insbesondere bei der Umweltverträglichkeitsprüfung.
Stromkunden werden entlastet
Gebilligt hat der Bundesrat zudem einen Bundestagsbeschluss zur vorzeitigen Absenkung der EEG-Umlage. Zum 01.07.2022 soll die EEG-Umlage von bislang 3,72 Cent pro Kilowattstunde auf null sinken. Eine vierköpfige Familie werde dadurch im Vergleich zu 2021 um rund 300 Euro pro Jahr entlastet, heißt es in der Gesetzesbegründung. Der Bund erstattet den Unternehmen nach der Neuregelung ihre Ausfälle in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Energie- und Klimafonds. Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann auf Dauer entfallen. Dies sieht ein Entwurf der Bundesregierung aus dem so genannten "Osterpaket" vom 06.04.2022 vor, zu dem der Bundesrat am Freitag Stellung nahm.
Bundestag beschließt Steuersenkung für Benzin und Diesel
Bereits gestern hatte der Bundestag wegen der nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs gestiegenen Spritpreise beschlossen, die Steuern auf Benzin und Diesel für drei Monate auf das in der EU erlaubte Mindestmaß zu reduzieren. Bei Benzin sinkt der Steueranteil damit um 29,55 Cent pro Liter - einschließlich Mehrwertsteuer sogar um knapp 35,20 Cent. Bei Diesel gibt es ein Minus von gut 14 Cent beziehungsweise 16,7 Cent mit Mehrwertsteuer. "Damit senken wir die Spritpreise auf das Vorkrisenniveau", versicherte der SPD-Abgeordnete Carlos Kasper. Till Mansmann von der FDP erklärte, auf Mobilität angewiesenen Menschen würden monatlich um mehr als eine Milliarde Euro entlastet. Die Maßnahme ist allerdings umstritten: Die Preise an den Tankstellen explodierten zwar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine regelrecht, sind aber inzwischen wieder spürbar gesunken. Trotzdem passierte das Gesetz den Bundestag ohne Gegenstimmen, die Oppositionsfraktionen enthielten sich. Der CDU-Abgeordnete Johannes Steiniger sagte, das Instrument sei richtig, der Zeitraum von drei Monaten allerdings zu kurz. Auch Ende August, wenn die Maßnahme wieder ausläuft, gebe es voraussichtlich weiterhin die Ukraine-Krise und damit auch hohe Benzinpreise.
Pflegekräfte erhalten Corona-Bonus
Für ihren Einsatz während der Corona-Pandemie erhalten mehr als 1,5 Millionen Pflegekräfte einen Bonus von bis zu 2500 Euro. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstagabend mit großer Mehrheit ein entsprechendes Gesetz, mit dem für das Vorhaben eine Milliarde Euro bereitgestellt wird - je zur Hälfte für den Klinikbereich und die Altenpflege. "Dass Deutschland bisher die Pandemie bewältigen konnte, verdanken wir zu großen Teilen dem unermüdlichen Einsatz der Pflegekräfte", erklärte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Gleichzeitig räumte er ein, unabhängig vom Bonus seien auch bessere Arbeitsbedingungen und höhere Bezahlung vonnöten. Deshalb wurde mit dem Gesetz auch beschlossen, dass sich Pflegeeinrichtungen ohne eigenen Tarifvertrag ab September bei der Bezahlung an den durchschnittlichen Tariflöhnen der Region orientieren müssen. Mit dem Pflegebonus fließen 500 Millionen Euro an mehr als 800 Krankenhäuser, wo besonders viele Menschen wegen Corona beatmet werden mussten. Die Kliniken sollen das Geld gestaffelt an die Beschäftigten verteilen, wobei der Höchstsatz an Fachpflegekräfte auf Intensivstationen gehen soll. Weitere 500 Millionen Euro gibt es für Altenpflegekräfte, die zwischen November 2020 und Ende Juni 2022 mindestens drei Monate in einem Heim gearbeitet haben. Sie sollen einen einmaligen Bonus von bis zu 550 Euro erhalten.
Hartz-Sanktionen ausgesetzt
Arbeitssuchende müssen bis Mitte kommenden Jahres weit weniger Hartz-IV-Sanktionen fürchten. Trotz heftiger Kritik der Opposition beschlossen die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP am Donnerstag im Bundestag die teilweise Aussetzung dieser Sanktionen. Die Linke enthielt sich. Die Union und die AfD-Abgeordneten stimmten dagegen. Die Sozialpolitiker der Ampelkoalition verteidigten die Pläne unter anderem als Vorgriff auf die geplante große Bürgergeld-Reform. Ausgesetzt wird für ein Jahr die Möglichkeit, das Arbeitslosengeld II bei einer Pflichtverletzung um 30% zu mindern. Das gilt etwa, wenn eine zumutbare Arbeit nicht angenommen wird. Bei Meldeversäumnissen muss man ferner für ein Jahr erst im Wiederholungsfall Sanktionen in Höhe von maximal 10% des Regelbedarfs fürchten. Voraussichtlich ab Juli 2023 sollen nach jetzigem Stand zwar wieder Abzüge möglich sein. Aber wie das Bürgergeld, das das heutige Hartz-IV-System ersetzen soll, an diesem strittigen Punkt genau ausgestaltet wird, ist noch offen. Zunächst war geplant gewesen, die Sanktionen nur bis zum Jahresende 2022 befristet auszusetzen.
Kritik von Opposition und Städtetag
Der CDU-Sozialexperte Kai Whittaker warf der SPD vor, es gehe ihr nicht um die Arbeitslosen, sondern darum, ihr "Trauma" wegen der Hartz-Reform loszuwerden. "Damit beerdigen Sie ein für alle Mal das Prinzip von Fördern und Fordern." Annika Klose (SPD) argumentierte, es gebe nur wenige Sanktionen - aber viele Sanktionsandrohungen, die die Betroffenen heute oft unter Druck setzten. Frank Bsirkse (Grüne) kündigte an: "Wir wollen mit dem Bürgergeld Hartz überwinden." Die Ampel werde im Sommer ein entsprechendes Konzept ausarbeiten. Bereits Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte am Vortag angekündigt, einen Gesetzentwurf für das geplante Bürgergeld im Sommer vorlegen zu wollen. Details zu möglichen künftigen Einschränkungen bei Pflichtverletzungen hatte Heil offengelassen. Der FDP-Politiker Jens Teutrine räumte ein, das Sanktionsmoratorium sei kein Herzensprojekt der FDP. Bei 75% der Fälle handele es sich aber um Meldeversäumnisse, die auch während des Moratoriums weiter sanktioniert würden. Im Bürgergeld würden bis zu 30% der Abzüge möglich sein. Der Grundsatz des Fördern und Fordern bestehe weiter. Der Deutsche Städtetag kritisierte die Aussetzung der Sanktionsmöglichkeiten als "falsch". Das Moratorium verwirre die Betroffenen und komme zum falschen Zeitpunkt, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn Sanktionen jetzt bis zum Sommer 2023 ausgesetzt und mit der Einführung des geplanten Bürgergelds wieder eingeführt werden, sorgt das für Ärger und Unsicherheit."
Bundesrat macht den Weg frei für Zulassung von autonom fahrenden Autos
In Deutschland können bald Fahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion zugelassen werden. Die Länder haben der "Verordnung zur Regelung des Betriebs von Kraftfahrzeugen mit automatisierter und autonomer Fahrfunktion und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften" zugestimmt. Sie haben ihre Zustimmung allerdings an eine Reihe von Änderungsmaßgaben geknüpft. Mit dem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes – Gesetz zum autonomen Fahren wurde bereits letztes Jahr der neue Rechtsrahmen für den Einsatz von autonomen Kraftfahrzeugen beschlossen. Die Regierungsverordnung konkretisiert nun den Rechtsrahmen zum autonomen Fahren, legt Verfahrensvorschriften sowie technische Anforderungen im Einzelnen fest und ermöglicht somit die tatsächliche Zulassung von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion. Sie enthält beispielsweise Voraussetzungen und Verfahrensregeln für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für autonome Fahrzeuge durch das Kraftfahrtbundesamt und für die Festlegung eines Betriebsbereiches.
Änderungsmaßgaben des Bundesrates
Die Verordnung kann nur in Kraft treten, wenn die Bundesregierung die beschlossenen Änderungswünsche des Bundesrates umsetzt. So wollen die Länder etwa bei der Feststellung der Geeignetheit von Betriebsbereichen unvorhersehbare Umstände, zum Beispiel in Folge höherer Gewalt, unberücksichtigt lassen, da die Behörde die Geeignetheit eines Betriebsbereichs nicht für alle denkbaren Fälle beurteilen könne. Auch soll die sogenannte “erweiterte Abfahrkontrolle“, die eine Probefahrt und die Überprüfung zahlreicher sicherheitsrelevanter Systeme umfasst, nicht mehr vor jedem Fahrtantritt durchgeführt werden müssen. In der begleitenden Entschließung spricht sich die Länderkammer zudem für einige Änderungen im Rahmen einer künftigen Überarbeitung der Verordnung durch die Bundesregierung aus.
Quartalsweise Verteilung der Steuern aus Sportwetten
Grünes Licht gab der Bundesrat am Freitag für ein Gesetz zum geänderten Verfahren für die Verteilung der Steuern aus Sportwetten. Statt der bisher geltenden jährlichen nachträglichen Verteilung der Sportwettsteuern auf die Länder werden die Einnahmen künftig quartalsweise verteilt – wie bei anderen Steuerarten auch.