Bundesrat stoppt in letzter Sitzung des Jahres Umsetzung der Quellen-TKÜ
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Der Bundesrat hat am Freitag einigen Neuregelungen zugestimmt: Das Verfahren zur Meisterprüfung wird reformiert, die Umsatzsteuerregeln für landwirtschaftliche Betriebe werden geändert und es für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Grundschulen gibt es mehr Zeit. Eine Umsetzungs-Verordnung zur Quellen-TKÜ wurde dagegen abgelehnt. Und vor Silvester dürfen auch dieses Jahr keine Böller verkauft werden.

Keine Zustimmung für G 10-Mitwirkungsverordnung

Die G 10-Mitwirkungsverordnung des Bundesinnenministeriums hat in der Plenarsitzung keine Mehrheit im Bundesrat erhalten. Sie kann daher nicht in Kraft treten. Grundlage für den Verordnungsentwurf ist das Artikel 10-Gesetz, das Voraussetzungen, Verfahren und Kontrolle von Eingriffen in die Grundrechte des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses regelt. Es sieht seit diesem Jahr Mitwirkungspflichten der Telekommunikationsunternehmen bei der Quellen-TKÜ vor. Zur deren Durchführung muss eine spezielle Software auf das Endgerät der überwachten Person geladen werden. Damit dies unbemerkt erfolgen kann, bedarf es der Mitwirkung der Unternehmen, über deren Anlagen der maßgebliche Datenstrom transportiert wird. Die Verordnung sollte aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung in § 2 des Artikel 10 Gesetzes nun die Einzelheiten zur technischen und organisatorischen Umsetzung dieser Mitwirkungspflichten regeln. "Das Scheitern zeigt, dass die derzeitigen Rechtsgrundlagen, die die Verordnung konkretisiert hätte, keine angemessene Akzeptanz besitzen", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Zu den Zielvorstellungen des Koalitionsvertrages gehöre, "dass wir die rechtlichen Anforderungen zum Schutz der digitalen Privatsphäre erhöhen und streng ausgestalten". Außerdem sei zu prüfen, "ob ein so eingriffsintensives Ermittlungsinstrument in die Hände der Nachrichtendienste gehört".

Vorgaben der neuen Handwerksordnung umgesetzt

Der Bundesrat hat dem Vorschlag der Bundesregierung zugestimmt, das Verfahren zur Meisterprüfung umfänglich zu reformieren. Die neue Verordnung regelt das Zulassungs- und allgemeine Prüfungsverfahren für die Meisterprüfung im Handwerk und in handwerksähnlichen Gewerben. Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften wurde das Meisterprüfungswesen umfassend modernisiert und flexibilisiert. Die Verordnung soll diese neuen Strukturvorgaben nun handhabbar machen. Insbesondere sollen die Flexibilität für die Prüfenden erhöht, das Ehrenamt gestärkt und rechtsbeständige und hochwertige Prüfungen ermöglicht werden.

Länder bekommen mehr Zeit für Ausbau der Ganztagsbetreuung

Länder und Kommunen bekommen ein Jahr mehr Zeit, um Fördermittel für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Grundschulen abzurufen. Der Bundesrat stimmte einem entsprechenden Gesetz der Ampel-Koalition zu. Das 750-Millionen-Euro-Programm sollte ursprünglich zum Jahresende auslaufen. Wegen der Corona-Pandemie, der Hochwasserkatastrophe im Juli, Verzögerungen bei Baustoff-Lieferungen und fehlenden Handwerkern wird es nun bis Ende 2022 verlängert. Finanzminister Christian Lindner (FDP) betonte, Investitionen in die Ganztagsbetreuung seien Zukunftsinvestitionen. "Wir verbessern damit die Bildungschancen von Kindern, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Erwerbsmöglichkeiten von Eltern." Die Länder hatten die Verlängerung über den Bundesrat selbst gefordert. Das Förderprogramm ist der erste Baustein für den geplanten Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder, der ab 2026 stufenweise eingeführt werden soll. Bis dahin muss in einigen Bundesländern noch viel investiert werden, etwa in den Bau neuer Räumlichkeiten an Grundschulen.

Unternehmenshilfen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds verlängert

Corona-Hilfen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds für Unternehmen sind noch bis Ende Juni 2022 möglich: Der Bundesrat hat einem entsprechenden Verlängerungsbeschluss des Bundestages zugestimmt. Nach derzeitiger Rechtslage sind Unterstützungen für Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise in Not gerieten, nur bis Ende des Jahres möglich - diese Befristung wird nun um sechs Monate bis Ende Juni 2022 ausgedehnt. Hintergrund ist die Entscheidung der Europäischen Kommission, den befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts der Corona-Krise zu verlängern. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds soll den wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie entgegenwirken. Betroffene Unternehmen können Garantien des Bundes zur Absicherung von Krediten sowie Kapitalhilfen erhalten. Ziel ist es, gezielt solche Unternehmen zu unterstützen, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt hätte. Errichtet wurde der Fonds durch das Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz, dem der Bundesrat im März 2020 zugestimmt hatte. 

Böllerverkaufsverbot für Silvester

Bürgerinnen und Bürger können auch dieses Jahr kein Silvesterfeuerwerk kaufen - ebenso wie im letzten Jahr. Das nochmalige Pandemie-bedingte Verkaufsverbot für Pyrotechnik hatte die Bundesregierung am 15.12.beschlossen, der Bundesrat hat heute zugestimmt. Ziel des Verkaufsverbots ist es, Unfälle durch unsachgemäßen Gebrauch der Feuerwerkskörper zu vermeiden und damit Krankenhauskapazitäten zu schonen. Hintergrund ist die aktuelle Belastung der Kliniken mit Covid-19-Patientinnen und -Patienten. Die Verordnung setzt einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz mit der damaligen Bundeskanzlerin vom 02.12.2021 um. Sie soll am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.  

Geänderte Umsatzsteuerregeln für landwirtschaftliche Betriebe

Ab dem neuen Jahr gelten Änderungen in der Besteuerung kleinerer land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Ein entsprechendes Gesetz aus dem Bundestag hat der Bundesrat jetzt bestätigt. Der Umsatzsteuer-Durchschnittssatz für die vereinfachte Besteuerung pauschalierender land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sinkt danach ab dem Jahr 2022 von 10,7 auf 9,5%. Nach Schätzungen der Bundesregierung kommt es dadurch zu Mehrbelastungen von 80 Millionen Euro im Jahr 2022 und 95 Millionen Euro ab 2023. Diese Möglichkeit der Pauschalierung können alle Betriebe bis zu einem Jahresumsatz von 600.000 Euro nutzen. Das Jahressteuergesetz 2020 regelt, dass die Höhe der Vorsteuerbelastung der pauschalierenden Landwirte jährlich anhand aktueller statistischer Daten überprüft werden muss – sie ist ein wichtiges Kriterium für die Festlegung der Durchschnittssätze. Nach Angaben der Bundesregierung wäre der derzeitige Durchschnittssatz von 10,7% ab dem neuen Jahr nicht mehr zulässig, weil er gegen die EU-Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem verstoßen würde.

Steuerbefreiung für bestimmte Einfuhren

Darüber hinaus setzt der Bundestagsbeschluss die in einer EU-Richtlinie für bestimmte europäische Einrichtungen vorgesehene Entlastung von der Umsatzsteuer durch Vergütungsverfahren um. Er führt dazu eine Steuerbefreiung für bestimmte Einfuhren und Lieferungen als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie ein. Das Gesetz soll zum 01.01.2022 in Kraft treten.

Bundesrat begrüßt EU-Vorschläge zur Erreichung der Klimaziele

Die Länderkammer hat sich in am Freitag außerdem ausführlich mit dem Klimaschutzpaket der EU-Kommission befasst. Wie der Bundesrat mitteilte, begrüßt er angesichts der weltweit immer deutlicher werdenden Klimakrise die Vorlage des umfassenden Pakets von Rechtsakten mit den darin enthaltenen wichtigen Weichenstellungen, Zielsetzungen und neuen Fördermöglichkeiten für den klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. In teils umfangreichen und detaillierten Stellungnahmen zum gesamten Paket und zu den einzelnen Vorschlägen für Richtlinien und Verordnungen äußert der Bundesrat aber auch Kritik und unterbreitet zahlreiche Änderungsvorschläge und Anregungen. In der Mitteilung "Fit für 55" erläutert die EU-Kommission ihre Pläne und fasst die vorgeschlagenen Änderungen am bisherigen EU-Recht sowie die neuen Initiativen zusammen. Seine Stellungnahme hierzu will der der Bundesrat direkt an die EU-Kommission übermitteln.

Bundesrat stimmt Verordnungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik zu

Zwei Verordnungen zur nationalen Umsetzung der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik GAP ab dem Jahr 2023 hat der Bundesrat ebenfalls zugestimmt - allerdings jeweils unter der Bedingung von einigen fachlichen Änderungen. Setzt die Bundesregierung diese eins zu eins um, können die Verordnungen in Kraft treten. Die GAP-Direktzahlungen-Verordnung und die GAP-Konditionalitäten-Verordnung legen verbindliche Umweltauflagen und Anforderungen fest, die eingehalten werden müssen, um Zahlungen aus der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erhalten. Außerdem gestalten sie die Ökoregelungen näher aus, mit denen die Landwirte freiwillig zusätzliche Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz umsetzen können. Ziel ist es, mehr Umwelt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft zu erreichen und hierzu verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. 

Länderkammer fordert Weiterentwicklung des Fallpauschalensystems

Die Länder streben eine Weiterentwicklung des Vergütungssystems für die Behandlung in Krankenhäusern an. Eine entsprechende Entschließung hat der Bundesrat am Freitag auf Initiative von Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz gefasst. Er fordert die Bundesregierung insbesondere auf, durch Gesetzesinitiativen das geltende System weiter zu entwickeln, um die unterschiedlichen Kostenstrukturen abzubilden, denen die einzelnen Krankenhäuser beispielsweise als Grund-, Regel- oder Maximalversorger unterliegen. Nur so könnten die unterschiedlichen Vorhaltekosten in den einzelnen Einrichtungen gerecht refinanziert werden. 

Keine Äußerung zum geplanten Nachtragshaushalt

Der Bundesrat hat auch über die Regierungspläne zum zweiten Nachtragshaushalt beraten – von seinem Recht auf Stellungnahme zum Gesetzentwurf machte er jedoch keinen Gebrauch. Sofern der Deutsche Bundestag den Nachtragshaushalt Anfang des neuen Jahres in zweiter und dritter Lesung beschließt, könnte der Bundesrat am 11.02.2022 abschließend darüber beraten.

Redaktion beck-aktuell, 17. Dezember 2021 (ergänzt durch Material der dpa).