BKartA: Facebook darf Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen nicht mehr zusammenführen

Das Bundeskartellamt hat Facebook weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt. So sollen Nutzerdaten, die aus verschiedenen Quellen herrühren, nicht mehr zusammengeführt werden dürfen, es sei denn, der Nutzer willigt ein.

Derzeit Datensammlung und -zusammenführung in Geschäftsbedingungen festgeschrieben

Derzeit ist Voraussetzung für die Nutzung des sozialen Netzwerks, dass Facebook auch außerhalb der Facebook-Seite Daten über den Nutzer im Internet oder auf Smartphone-Apps sammeln und dem Facebook-Nutzerkonto zuordnen darf. Alle auf Facebook selbst, den konzerneigenen Diensten wie zum Beispiel WhatsApp und Instagram sowie den auf Drittwebseiten gesammelten Daten können mit dem Facebook-Nutzerkonto zusammengeführt werden. Dies sehen die Geschäftsbedingungen des Unternehmens vor.

Nutzer soll in Datenzuordnung immer einwilligen müssen

Die Entscheidung des Amtes erfasst verschiedene Datenquellen. Künftig dürfen die zum Facebook-Konzern gehörenden Dienste wie WhatsApp und Instagram die Daten zwar weiterhin sammeln. Eine Zuordnung der Daten zum Nutzerkonto bei Facebook ist aber nur noch mit freiwilliger Einwilligung des Nutzers möglich. Wenn die Einwilligung nicht erteilt wird, müssen die Daten bei den anderen Diensten verbleiben und dürfen nicht kombiniert mit den Facebook-Daten verarbeitet werden. Eine Sammlung und Zuordnung von Daten von Drittwebseiten zum Facebook-Nutzerkonto ist in der Zukunft ebenfalls nur noch dann möglich, wenn der Nutzer freiwillig in die Zuordnung zum Facebook-Nutzerkonto einwilligt. Fehlt es bei den Daten von den konzerneigenen Diensten und Drittwebsites an der Einwilligung, kann Facebook die Daten nur noch sehr stark eingeschränkt sammeln und dem Nutzerkonto zuordnen. Entsprechende Lösungsvorschläge hierfür muss Facebook erarbeiten und dem Amt vorlegen.

Nutzung von Diensten darf nicht an Einwilligung gekoppelt sein

Die Kombination von Datenquellen hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass Facebook einen einzigartigen Gesamtdatenbestand über jeden einzelnen Nutzer erstellen und seine Marktmacht erreichen konnte, erläutert Kartellamtspräsident Andreas Mundt. In Zukunft dürfe die Nutzung der Facebook-Dienste nicht von der Einwilligung des Nutzers in diese Art der Datensammlung und -zusammenführung abhängig gemacht werden. Wenn der Nutzer die Einwilligung nicht erteilt, dürfe Facebook ihn nicht von seinen Diensten ausschließen und müsse auf eine Datensammlung und -zusammenführung aus den verschiedenen Quellen verzichten.

Facebook auf Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend

Im Dezember 2018 habe Facebook weltweit 1,52 Milliarden täglich und 2,32 Milliarden monatlich aktive Nutzer gehabt, so das BKartA. Auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke sei Facebook marktbeherrschend. Hier habe das Unternehmen mit 23 Millionen täglichen und 32 Millionen monatlichen Nutzern einen Marktanteil von über 95% bei den täglich aktiven Nutzern und von über 80% bei den monatlich aktiven Nutzern. Der Wettbewerber Google+ habe unlängst angekündigt, sein soziales Netzwerk bis April 2019 einzustellen. Dienste wie Snapchat, YouTube oder Twitter, aber auch berufliche Netzwerke wie LinkedIn und Xing böten jeweils nur einen Ausschnitt der Leistungen eines sozialen Netzwerkes an und seien deshalb nicht in den relevanten Markt einzubeziehen. Aber auch unter Einbeziehung dieser Dienste würde der Facebook-Konzern inklusive seiner Tochterunternehmen Instagram und WhatsApp auf so hohe Marktanteile kommen, dass die Annahme eines Monopolisierungsprozesses naheliege.

Facebook unterliegt besonderen kartellrechtlichen Pflichten

Als marktbeherrschendes Unternehmen unterliege Facebook aber besonderen kartellrechtlichen Pflichten und müsse bei dem Betrieb seines Geschäftsmodells berücksichtigen, dass seine Nutzer praktisch nicht auf andere soziale Netzwerke ausweichen können, so Mundt. Ein obligatorisches Häkchen bei der Zustimmung in den Nutzungsbedingungen des Unternehmens stelle angesichts der überragenden Marktmacht des Unternehmens keine ausreichende Grundlage für eine derartig intensive Datenverarbeitung dar wie Facebook sie betreibe. Der Nutzer habe ja nur die Wahl, entweder eine umfassende Datenzusammenführung zu akzeptieren oder aber auf die Nutzung des sozialen Netzwerkes zu verzichten. Von einer freiwilligen Einwilligung in die Datenverarbeitungsbedingungen könne in einer solchen Zwangssituation des Nutzers keine Rede sein.

Nutzer wissen um Zuordnung direkt bei Facebook anfallender Daten

Der Umfang, in dem Facebook Daten ohne Einwilligung der Nutzer sammelt, dem Nutzerkonto zuführt und verwertet, sei missbräuchlich, so das Bundeskartellamt weiter. Es hat keine Entscheidung getroffen, wie die Verarbeitung von Daten, die bei der Nutzung der originären Facebook-Website selbst anfallen, kartellrechtlich zu bewerten ist. Aufgrund der direkten Zuordnung zu dem konkreten Dienst wüssten Nutzer, dass ihre Daten dort in einem bestimmten Umfang erhoben und genutzt werden. Dies sei auch wesentlicher Bestandteil eines sozialen Netzwerkes und dessen datenbasierten Geschäftsmodells.

Darüber hinaus gehende Nutzung kaum bekannt

Vielen sei indes nicht bewusst, dass die private Nutzung des Netzwerks unter anderem auch davon abhängig ist, dass Facebook nahezu unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammelt, den Facebook-Konten der Nutzer zuordnet und zu zahlreichen Datenverarbeitungsvorgängen verwendet. Drittquellen seien dabei die konzerneigenen Dienste wie zum Beispiel Instagram oder WhatsApp, aber auch Drittseiten, die mit Schnittstellen, wie zum Beispiel dem "Like-" oder "Share-Button", versehen sind. Wenn Webseiten und Apps derartige sichtbare Schnittstellen eingebunden haben, fließen laut BKartA schon mit deren Aufruf beziehungsweise Installation Daten an Facebook. Es sei also beispielsweise nicht notwendig, einen "Like-Button" zu berühren oder gar zu betätigen. Schon der Aufruf einer Seite, in der ein "Like-Button" eingebunden ist, löse den Datenfluss zu Facebook aus. Solche Schnittstellen seien millionenfach auf deutschen Webseiten und in Apps verbreitet. Aber auch wenn für den Internetnutzer gar kein Facebook-Symbol auf einer Website sichtbar ist, flössen vielfach Daten des Nutzers von einer Internetseite zu Facebook. Dies sei etwa dann der Fall, wenn ein Homepage-Betreiber im Hintergrund den Analysedienst "Facebook Analytics" einsetzt, um damit Auswertungen über die Nutzer seiner Homepage durchzuführen.

Kartellamt nimmt Ausbeutungsmissbrauch an

Die Nutzungsbedingungen und die Art und der Umfang der Sammlung und Verwertung der Daten durch Facebook verstoßen nach Ansicht des Kartellamtes auch zulasten der Nutzer gegen europäische Datenschutzvorschriften. In dem Verhalten Facebooks liege vor allem ein sogenannter Ausbeutungsmissbrauch. Marktbeherrschende Unternehmen dürften die Marktgegenseite – hier also die Verbraucher als Facebook-Nutzer – nicht ausbeuten. Das gelte vor allem dann, wenn durch die Ausbeutung gleichzeitig auch Wettbewerber behindert werden, die keinen solchen Datenschatz anhäufen können. Diese kartellrechtliche Herangehensweise sei nicht neu, sondern entspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach nicht nur überhöhte Preise, sondern auch die Unangemessenheit von vertraglichen Regelungen und Konditionen eine missbräuchliche Ausbeutung darstellen (sogenannter Konditionenmissbrauch).

Facebook kann Beschwerde einlegen

Die Entscheidung des Bundeskartellamtes ist noch nicht rechtskräftig. Facebook hat die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde.

Redaktion beck-aktuell, 7. Februar 2019.