Bundeskabinett bringt virtuelle Hauptversammlung als Dauerlösung auf den Weg

Das Bundeskabinett hat gestern einen Gesetzentwurf zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften beschlossen. Wie das Bundesjustizministerium mitteilte, soll damit die aufgrund der Corona-Pandemie geschaffene Möglichkeit virtueller Hauptversammlungen in eine dauerhafte Lösung überführt werden. Dabei seien die Aktionärsrechte in dem überarbeiteten Entwurf deutlich gestärkt worden.

Virtuelle Hauptversammlung bedarf der Satzungsregelung

Der Entwurf stellt laut Bundesjustizministerium die Ausübung der Aktionärsrechte (Auskunftsrecht, Rederecht, Antragsrecht, Stimmrecht und Recht zum Widerspruch gegen Beschlüsse der Hauptversammlung) bei der Durchführung der Hauptversammlung in virtueller Form sicher und enthält Modifizierungen, damit die Rechte der Aktionäre auch im virtuellen Format gewährleistet werden können. Konkret solle in das AktG ein neuer § 118a als zentrale Vorschrift der virtuellen Hauptversammlung eingefügt werden. Die Entscheidung für die virtuelle Hauptversammlung bedürfe einer Grundlage in der Gesellschaftssatzung, so dass die Aktionäre über deren Format entscheiden. Die Präsenzversammlung bilde damit weiterhin die Grundform der Hauptversammlung. Die Regelung in der Satzung oder eine entsprechende Ermächtigung des Vorstands müsse auf bis zu fünf Jahre befristet werden, um die Legitimation der Entscheidung regelmäßig zu erneuern.

Stimmrecht, Auskunftsrecht, Antragsrecht

Die Abhaltung der Versammlung als virtuelle Hauptversammlung werde zum Schutz der Aktionäre unter anderem an folgende Voraussetzungen geknüpft: Die gesamte Versammlung sei in Bild und Ton zu übertragen. Es sei die elektronische Stimmrechtsausübung der Aktionäre zu ermöglichen. Aktionäre müssten Anträge in der Versammlung elektronisch stellen können. Dies umfasse auch Gegenanträge. Die Aktionäre sollen ein Auskunftsrecht im Wege elektronischer Kommunikation erhalten. Dieses Auskunftsrecht könne, wie in der Präsenzversammlung, ausschließlich im Versammlungstermin gewährt werden. Der Vorstand könne allerdings auch entscheiden, dass Aktionärsfragen bis spätestens drei Tage vor dem Versammlungstermin einzureichen sind. Dann habe die Gesellschaft diese auch bis spätestens einen Tag vor der Versammlung zu beantworten. In diesem Fall sollen die Aktionäre in der Versammlung ein Nachfragerecht erhalten sowie ein Fragerecht zu neuen Sachverhalten. Lasse der angemessene Versammlungszeitraum dies zu, seien auch Fragen, die bereits vor der Versammlung hätten gestellt werden können, zuzulassen.

Rederecht und Widerspruchsmöglichkeit 

Zur Verbesserung der Transparenz sei der Bericht des Vorstands oder dessen wesentlicher Inhalt bereits vor der Versammlung den Aktionären zugänglich zu machen. Alle Aktionäre erhielten die Möglichkeit, Stellungnahmen im Vorfeld der Versammlung einzureichen, die den Aktionären zudem ebenfalls zugänglich zu machen seien. Es sei ein Rederecht in der Versammlung für die elektronisch zugeschalteten Aktionäre im Wege der Videokommunikation vorzusehen. Fragen und Nachfragen dürften in Redebeiträgen gestellt werden. Es sei den elektronisch zur Versammlung zugeschalteten Aktionären eine Widerspruchsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen.

Abmilderung von Anfechtungsrisiken

Um Anfechtungsrisiken für die Gesellschaften abzumildern, würden die bestehenden Vorschriften des Aktiengesetzes, die Anfechtungsmöglichkeiten im Falle technischer Störungen begrenzten, auf die virtuelle Hauptversammlung ausgedehnt. Über solche technischen Störungen hinaus bleibe das Anfechtungsrecht eröffnet.

Gesetz erfasst auch Versammlungen verwandter Rechtsformen

Die virtuelle Hauptversammlung enthalte keine gesetzliche Begrenzung bezüglich in ihr zu behandelnder Gegenstände. Die Satzung könne aber Einschränkungen vorsehen. Neben Aktiengesellschaften erfasse das Gesetz auch die Versammlungen der verwandten Rechtsformen Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), Europäische Aktiengesellschaft (SE) und Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG).

Redaktion beck-aktuell, 28. April 2022.