Das europäische Kapitalmarktrecht sei stark harmonisiert, betonte das Bundesjustizministerium (BMJ). Mit der geplanten Neuregelung sollten im Zusammenspiel mit den im sogenannten Listing Act auf europäischer Ebene angestrebten Erleichterungen bestehende nationale Spielräume genutzt werden. Dadurch sollen die Hürden für den Kapitalmarktzugang gesenkt und der Gang an die Börse erleichtert werden.
Bei Börsengängen können die Börsen nach dem Gesetzentwurf künftig in Teilen des regulierten Marktes einen Verzicht auf den bislang notwendigen Mitantragsteller erlauben, wodurch die Kosten reduziert werden sollen. Die Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge soll von 1,25 Millionen Euro auf 1 Millionen Euro gesenkt werden, um auch kleineren Unternehmen den Weg zum Kapitalmarkt zu eröffnen.
Neue Anreize für Börsengänge
Die Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien, mit einem Stimmrecht von bis zu 10:1, soll künftig möglich werden. Dies soll nach Angaben des Bundesjustizministeriums neue Anreize für Börsengänge schaffen, indem sich Gründerinnen und Gründer den Einfluss auf das Unternehmen trotz Kapitalaufnahme bewahren und so ihre Expertise weiterhin umfassend in das Unternehmen einbringen können. Gleichzeitig werde der Schutz der Investoren ohne Mehrstimmrechte gesichert.
Mit der Börsenmantelaktiengesellschaft (BMAG) will das Bundeskabinett nach dem Vorbild der Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) in den USA ein modernes Instrument zur Verfügung stellen, das Start-ups und Wachstumsunternehmen einen alternativen Weg an den Kapitalmarkt eröffnet, von dem auch Anleger profitieren sollen. Dabei werde im Einklang mit internationalen Standards ein angemessener Schutz der Anleger gewährleistet. Die Mantel-Gesellschaft diene als Vehikel, damit junge Unternehmen das aufwändige und teure Prozedere des Börsengangs nicht selbst stemmen müssten, heißt es vom BMJ.
Bessere Bedingungen für Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU
Mit Regelungen bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung soll das Zukunftsfinanzierungsgesetz die deutsche Wirtschaft im Fachkräftewettbewerb stärken. Beschäftigte könnten künftig auch finanziell besser an der Entwicklung ihres Unternehmens teilhaben. Der Steuerfreibetrag bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung werde von bislang 1.440 Euro pro Jahr auf 5.000 Euro erhöht (§ 3 Nr. 39 EStG) und damit auf ein im europäischen Vergleich wettbewerbsfähiges Niveau gehoben.
Der Freibetrag könne auch durch Umwandlung von Arbeitsentgelt bis zu 2.000 Euro im Jahr ausgeschöpft werden. Insbesondere soll mit dem Gesetz die sogenannte Dry-Income-Problematik entschärft werden. Dazu soll der Anwendungsbereich der Vorschrift zur aufgeschobenen Besteuerung nach § 19a EStG umfassend ausgebaut werden.
Vereinfachungen im Finanzmarktrecht
Kapitalerhöhungen einer AG würden erleichtert und so die Rahmenbedingungen für die Eigenkapitalaufnahme verbessert. Beim vereinfachten Bezugsrecht sei eine höhere Quote von 20% (statt bislang 10%) vorgesehen. In geeigneten Fällen sei eine Anfechtung bei Streitigkeiten über den Ausgabebetrag ausgeschlossen und es werde stattdessen ein Spruchverfahren eingeführt.
Zwischen Finanzdienstleistern solle es eine Bereichsausnahme von der gerichtlichen Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verträge geben. Dies stärke die Anschlussfähigkeit an internationale Standards und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandorts Deutschland, teilte das BMJ mit. Verträge mit Unternehmen der Realwirtschaft und mit Verbrauchern würden davon nicht erfasst.
Es werde zudem die Möglichkeit geschaffen, elektronische Aktien in einem elektronischen Wertpapierregister oder Kryptowertpapierregister zu begeben. Die Aussonderung von Kryptowerten von Kunden in der Insolvenz des Kryptoverwahrers solle rechtssicher ermöglicht werden.
Mehr Rechtssicherheit bei der Schwarmfinanzierung
Auch die Rechtssicherheit und Handhabbarkeit bei der Regelung zur Haftung bei der Schwarmfinanzierung (Crowdfunding) würden verbessert. Für Investmentfonds sollen Investitionen in Anlagen für Erneuerbare Energien aufsichtsrechtlich erleichtert werden.
Zudem soll die Finanzmarktaufsicht weiter modernisiert werden – etwa durch den Abbau von Digitalisierungshemmnissen und verbesserte Rahmenbedingungen zum Beispiel bei der englischsprachigen Kommunikation mit der BaFin. Bei der BaFin werde außerdem eine Vergleichswebsite für Zahlungskonten nach der EU-Zahlungskonten-RL eingerichtet.
Verschwiegenheitspflichten in den Finanzaufsichtsgesetzen würden angepasst, um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Finanzaufsicht mit den Steuerbehörden zu verbessern. Mit dem Gesetz würden außerdem neue Regelungen zum DLT-Pilotregime nach der entsprechenden EU-Verordnung geschaffen.
Die Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds wird nach der Neuregelung ausgeweitet, um die Wettbewerbsbedingungen in Europa anzugleichen. Verwaltungsleistungen von Konsortialführern bei offenen Konsortialdarlehen würden von der Umsatzsteuer befreit.