Härtere, am Jahresumsatz orientierte Sanktionen für Großunternehmen
Zu den Kernpunkten des Gesetzentwurfs zählt nach der Mitteilung des Bundesjustizministeriums vom 16.06.2020 ein schärferes Sanktionsrecht. Bislang umfasse der Sanktionsrahmen (Ahndungsteil) maximal 10 Millionen Euro. Künftig sollen die Sanktionen für große Wirtschaftsunternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz wie im Kartellrecht bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes betragen können. Für Unternehmen mit weniger als 100 Millionen Euro Jahresumsatz soll es bei Sanktionen von höchstens zehn Millionen Euro bei vorsätzlichen Straftaten und höchstens fünf Millionen Euro bei fahrlässig begangenen Straftaten bleiben.
Einziehung von Profiten zur Entschädigung der Straftatopfer
Bislang müssten Geschädigte ihre Entschädigung selbst gegen das Unternehmen erstreiten. Bei Verbandsgeldbußen würden aus einer Straftat erlangte Profite mit der Geldbuße von dem Unternehmen abgeschöpft und flössen dann an die Staatskasse. Künftig will der Staat das strafbar Erlangte einziehen und Betroffene entschädigen können. Insbesondere bei massenhaften Betrugstaten, bei denen einzelne Opfer einen relativ geringen Schaden hätten, wollten sie diesen meist nicht selbst einklagen.
Beschuldigtenrechte für Unternehmen
Unternehmen sollen künftig Beschuldigtenrechte haben: Dazu gehörten etwa das Recht zu Schweigen für den gesetzlichen Vertreter des Unternehmens, aber auch die Rechte auf rechtliches Gehör, zur Stellung von Beweisanträgen, zur Benennung von Zeugen und zur Einlegung von Rechtsbehelfen.
Klarer Rechtsrahmen für unternehmensinterne Untersuchungen
Beim Verdacht auf Straftaten gebe es häufig unternehmensinterne Untersuchungen. Mit ihrer Durchführung würden oft Rechtsanwaltskanzleien oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beauftragt. Bislang sei nicht geregelt, ob und wie diese Untersuchungen im Strafverfahren gegen das Unternehmen verwendet werden können. Hierfür soll ein klarer Rechtsrahmen geschaffen werden.
Schutz von Arbeitnehmern bei internen Befragungen
Nach geltendem Arbeits- und Dienstrecht sei unklar, inwieweit eine Aussageverpflichtung des Arbeitnehmers bei unternehmensinternen Untersuchungen besteht. Der Gesetzentwurf sehe ein Anreizmodell vor: Danach seien Sanktionsmilderungen nur möglich, wenn die Mitarbeiterbefragungen fair und transparent erfolgt sind. Beschäftigte dürften bei Befragungen nicht beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden. Beschäftigte müssten vor ihrer Aussage darauf hingewiesen werden, dass Auskünfte in einem Strafverfahren gegen sie verwendet werden können. Beschäftigten müsse das Recht eingeräumt werden, einen anwaltlichen Beistand oder ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen. Ihnen müsse das Recht eingeräumt werden, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, die sie der Gefahr aussetzen würden, sich selbst oder einen Angehörigen zu belasten.
Unternehmensinterne Untersuchungen dürfen beschlagnahmt werden
Weiter soll mit dem geplanten Gesetz Rechtssicherheit bei Durchsuchungen und Beschlagnahmen geschaffen werden. Grundsätzlich sollen Unterlagen aus unternehmensinternen Untersuchungen beschlagnahmt und vor Gericht verwertet werden können. Unterlagen aus der Strafverteidigung des Unternehmens dürften hingegen nicht beschlagnahmt werden. Unternehmensinterne Untersuchungen und Strafverteidigung seien zu trennen, wenn die Sanktionsmilderung greifen soll.
Sanktionsmilderung bei umfassender Kooperation
Trage das Unternehmen durch vollständige und glaubwürdige Informationen zur Aufklärung der Straftat bei und kooperiere umfassend mit der Staatsanwaltschaft, könne es mit einer Sanktionsmilderung rechnen.