Bundeskabinett beschließt Eckpunkte für Cannabis-Legalisierung

Nach den Plänen der Ampel-Koalition sollen Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm "Genusscannabis" sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in "lizenzierten Fachgeschäften" und möglicherweise auch Apotheken ermöglicht werden. Heute legte das Bundeskabinett ein Eckpunktepapier vor.

Vorhaben mit offenem Ausgang

Ob es wirklich dazu kommt, ist aber noch offen. Internationale und europarechtliche Regeln zum Umgang mit Cannabis könnten der Legalisierung in Deutschland entgegenstehen. Der rechtliche Rahmen biete "begrenzte Optionen, das Koalitionsvorhaben umzusetzen", heißt es auch in dem vom Kabinett heute beschlossenen Eckpunktepapier. Genannt wird in dem Zusammenhang unter anderem das sogenannte Schengener Durchführungsübereinkommen. Ein konkreter Gesetzentwurf soll deshalb erst vorgelegt werden, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU gegen die geplante Cannabis-Freigabe keine rechtlichen Einwände gibt. SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, "die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen.

Straffreier Erwerb und Besitz von "Genusscannabis"

Nach den von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Eckpunkten sollen Cannabis und der Wirkstoff THC künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm "Genusscannabis" zum Eigenkonsum sollen unabhängig vom konkreten THC-Gehalt straffrei sein. Auf eine THC-Grenze soll wegen zu großen Aufwands bei möglicher Strafverfolgung verzichtet werden.

Verkauf in "lizenzierten Fachgeschäften"

Privater Eigenanbau soll in begrenztem Umfang erlaubt werden, nämlich "drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person". Diese müssen vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden. Der Verkauf soll in "lizenzierten Fachgeschäften" mit Zutritt erst ab 18 Jahren und eventuell Apotheken ermöglicht werden. Werbung für Cannabisprodukte soll es nicht geben dürfen. Die Menge, die pro Kunde verkauft werden darf, soll begrenzt sein. Einen Versandhandel soll es zunächst nicht geben. Der Handel ohne Lizenz bleibt strafbar.

Schwarzmarktpreis entsprechender Endverbraucherpreis

"Wegen des erhöhten Risikos für cannabisbedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz" soll geprüft werden, ob es für unter 21-jährige Käufer eine THC-Obergrenze geben soll. Neben der Umsatzsteuer auf Verkäufe ist eine gesonderte "Cannabissteuer" geplant, die sich nach dem THC-Gehalt richtet. Ziel sei ein Endverbraucherpreis, "welcher dem Schwarzmarktpreis nahekommt".

Keine Zulassung von Keksen und Süßigkeiten mit Cannabis

Cannabis-Produkte zum Rauchen und Inhalieren oder zur Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen sollen zum Verkauf zugelassen werden, sogenannte Edibles, also etwa Kekse oder Süßigkeiten mit Cannabis, zunächst nicht.

Frühinterventionsprogramme zur Konsumreflexion

Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote sollen ausgebaut werden. Es sei insbesondere notwendig, niedrigschwellige und flächendeckende Frühinterventionsprogramme zur Konsumreflexion für konsumierende Jugendliche einzuführen, heißt es in den Eckpunkten.

Evaluierung der Regelungen nach vier Jahren

Begleitend sollen Daten erhoben und analysiert werden zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Cannabis-Freigabe. Nach vier Jahren sollen die Regelungen bewertet und gegebenenfalls angepasst werden, vor allem mit Blick auf den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie mit Blick auf die Straßenverkehrssicherheit.

Bayern gegen Freigabe: "Drogentourismus nach Deutschland" befürchtet

Die Eckpunkte sind nur ein Zwischenschritt. Im Zuge eines Gesetzgebungsverfahrens, wenn es denn dazu kommt, können sich viele Details noch ändern. Die bayerische Landesregierung bekräftigte ihre Kritik an dem Vorhaben. "Die Legalisierungspläne der Bundesregierung stellen nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa ein gefährliches Signal dar", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch). Der Konsum von Cannabis berge "wesentliche und teils irreversible gesundheitliche und soziale Risiken". Holetschek warnte zudem vor einem "Drogentourismus nach Deutschland".

Gitta Kharraz, 26. Oktober 2022 (dpa).

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