Gestärkt werden sollen die Rechte der Menschen, die Opfer von Straftaten nach den §§ 6 bis 8 und 10 bis 12 VStGB geworden und in ihren Rechten auf körperliche Unversehrtheit, Freiheit, religiöse, sexuelle oder reproduktive Selbstbestimmung oder ungestörte körperliche und seelische Entwicklung in der Kindheit verletzt worden sind.
Ihnen sowie den Angehörigen der durch diese Straftaten Getöteten soll die Nebenklagebefugnis eingeräumt werden. Hierzu soll § 395 StPO geändert werden.
Parallel dazu sollen die Regeln über die anwaltliche Vertretung von Nebenklägerinnen und Nebenklägern angepasst werden. Wenn Opfer von VStGB-Straftaten als Nebenklägerinnen oder Nebenkläger zugelassen wurden, sollen sie künftig berechtigt sein, ohne weitere Voraussetzungen einen Opferanwalt oder eine Opferanwältin beigeordnet zu bekommen. Insbesondere soll es dafür nicht auf die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe ankommen. Hierzu soll § 397a Abs. 1 StPO geändert werden.
Psychosoziale Prozessbegleitung künftig ohne Voraussetzungen
Auch die Regeln für die Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleitung sollen angepasst werden (§ 406g StPO): Wenn Opfer von Völkerstraftaten als Nebenklägerinnen oder Nebenkläger zugelassen wurden, sollen sie künftig berechtigt sein, auf Antrag ohne weitere Voraussetzung einen psychosozialen Prozessbegleiter oder eine psychosoziale Prozessbegleiterin beigeordnet zu bekommen.
Um dem berechtigten Interesse der Praxis an der effektiven Durchführung von Hauptverhandlungen mit zahlreichen Nebenklägern und Nebenklägerinnen Rechnung zu tragen, soll § 397b Absatz 1 StPO, der eine gemeinschaftliche Nebenklagevertretung bei gleichgelagerten Interessen ermöglicht, um ein weiteres Regelbeispiel ergänzt werden, das diese Interessen in Verfahren nach dem VStGB konkretisiert.
Zudem soll in einem neuen § 397b Abs. 4 StPO geregelt werden, dass in den Fällen, in denen nur aufgrund von VStGB-Tatbeständen ein gemeinschaftlicher Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin als Beistand mehrerer Nebenkläger bestellt wurde, die Ausübung der in § 397 Abs. 1 Satz 3 und 4 StPO genannten Beteiligungsrechte der Nebenklägerinnen und Nebenkläger wie etwa deren Fragerecht oder Beweisantragsrecht auf deren Nebenklagevertreterinnen oder -vertreter übertragen wird.
Strafbarkeitslücken schließen
Strafbarkeitslücken im VStGB sollen geschlossen und die dortigen Straftatbestände fortentwickelt werden.
§ 7 VStGB (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) und § 8 VStGB (Kriegsverbrechen gegen Personen) sollen so angepasst werden, dass sie auch den Tatbestand der sexuellen Sklaverei, des sexuellen Übergriffs sowie den erzwungenen Schwangerschaftsabbruch umfassen. Damit solle dem erheblichen Unrechtsgehalt der damit bezeichneten Handlung und der zunehmenden Bedeutung dieser Tatbestände in der Rechtsprechung des IStGH Rechnung getragen werden, so das BMJ.
Neu aufgenommen werden sollen in das VStGB außerdem die Tatbestände der Verwendung von Waffen, deren Splitter mit Röntgenstrahlen nicht erkennbar sind, sowie der Verwendung von dauerhaft blindmachenden Laserwaffen. Diese Tatbestände wurden jüngst in das Statut des IStGH aufgenommen; durch Übernahme in das nationale Recht soll zur Bildung entsprechenden Völkergewohnheitsrechts beigetragen werden.
Schließlich soll im Tatbestand des Verschwindenlassens als Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) das Nachfrageerfordernis gestrichen werden
Bessere Medienarbeit
Rezeption und Verbreitung wichtiger deutscher Völkerstrafrechtsprozesse sollen gefördert werden. Hierzu soll in § 185 GVG klargestellt werden, dass Medienvertreter in Gerichtsverfahren Verdolmetschungen nutzen können, wenn sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Das Justizministerium wird darüber hinaus Übersetzungen wegweisender Urteile zum Völkerstrafrecht in die englische Sprache in Auftrag geben, damit weltweit auch die nicht-deutschsprachige Öffentlichkeit Zugang hierzu bekommt.
Schließlich soll die wissenschaftliche und historische Rezeption von völkerstrafrechtlichen Verfahren erleichtert werden. Hierzu soll in § 169 Abs. 2 S. 1 GVG auch die Möglichkeit von Filmaufnahmen zugelassen werden, sofern es sich um ein völkerstrafrechtliches Verfahren von entsprechender Bedeutung handelt.
Zudem soll geregelt werden, dass die – künftig ohnehin für viele strafgerichtliche Hauptverhandlungen obligatorische – Aufzeichnung auch für wissenschaftliche und historische Zwecke verwendet werden kann. Bewirkt werden soll dies durch eine Anpassung des § 169 Abs. 2 GVG sowie aufgrund der Neufassung von § 273 StPO im Entwurf des Gesetzes zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung.