Bundesgerichtshof erwägt Spezialsenat für Diesel-Klagen
bgh_CR Christoph Schmidt dpa
© Christoph Schmidt / dpa
bgh_CR Christoph Schmidt dpa

Der Bundesgerichtshof erwägt Konsequenzen aus der nicht abreißen wollenden Flut an Diesel-Klagen: Das Präsidium will nach Informationen der NJW darüber abstimmen, ob ein Hilfssenat eingerichtet wird. Dieser soll die Verfahren, für die bislang verschiedene Zivilsenate zuständig sind, bündeln.

Strom an Verfahren reißt nicht ab

Der Strom von Schadensersatzklagen wegen des Kaufs von Diesel-Fahrzeugen mit Schummelsoftware reißt nicht ab. Zwar haben die obersten Zivilrichter schon diverse Grundsatzfragen hierzu entschieden, eine Musterfeststellungsklage in Sachen VW hat sich durch einen Vergleich erledigt. Doch nicht nur, dass sich diese Fälle bislang auf verschiedene Zivilsenate verteilen und dass immer neue Fallkonstellationen auftauchen. Auch wurde einer der Vorsitzenden von seinen eigenen Kollegen wegen Besorgnis der Befangenheit ausgeschlossen, weil er selbst als Geschädigter auf Schadensersatz für seinen privaten Wagen gepocht hatte. Vor allem: Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat vergangene Woche eine weitere Musterfeststellungsklage angekündigt – diesmal gegen Daimler. Und die Präsidentin des Oberlandesgerichts Stuttgart, Cornelia Horz, wies ebenfalls vor wenigen Tagen auf die ungewöhnliche Belastung ihres Gerichts mit Massenverfahren hin. Ihr Gericht habe wegen der Dieselabgas-Problematik sogar bereits zwei neue Senate einrichten müssen, sagte sie. Und alles, was dort in der Berufung entschieden wird, kann hinterher (als Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde) noch in Karlsruhe landen.

Hilfssenat in eigener Regie möglich

Der BGH bereitet sich nun auf die nächste Welle vor: Das Präsidium will über die Einrichtung eines Hilfssenats befinden, der sich speziell um die Diesel-Fälle kümmern soll. Anders als die Einrichtung eines ganz neuen Senats (wie etwa kürzlich mit dem XIII. Zivilsenat geschehen) kann die höchste Zivilinstanz dies in eigener Hoheit beschließen, ohne dass die Politik auch finanziell mithilft. Dessen Richter würden voraussichtlich weiterhin einen kleinen Teil ihrer Arbeitszeit in ihrem "Stammsenat" verbringen, um nicht den Anschluss an ihre vertraute Materie zu verlieren – schließlich sollen sie ja später einmal dorthin zurückkehren. Ein Grund, weswegen nicht jeder Karlsruher Robenträger auf die Mitarbeit im Hilfssenat erpicht sein dürfte – zumal nicht sicher abzusehen ist, ob dieser alleine dem Andrang an Akten gewachsen wäre.

Transparenzhinweis

In der ersten Fassung dieses Artikels hieß es aufgrund der Angaben mehrerer Quellen, die Einrichtung eines Hilfssenats sei bereits beschlossen worden.

Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 12. Juli 2021.