Scholz verteidigt Anti-Geldwäsche-Einheit FIU im Finanzausschuss
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© Carsten Koall / dpa

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat im Finanzausschuss des Bundestags Vorwürfe gegen die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU zurückgewiesen. Weder dort noch bei dem die Rechtsaufsicht über die FIU innehabenden Bundesfinanzministerium gebe es derzeit Personen, die konkret der Strafvereitelung im Amt durch die Staatsanwaltschaft Osnabrück beschuldigt werden. Bei der FIU werde gegen unbekannt ermittelt.

Scholz kritisiert "Durchsuchung bei nicht verdächtigen Dritten"

Bei der Durchsuchung im Ministerium am 09.09.2021 habe es sich um eine "Durchsuchung bei nicht verdächtigen Dritten" entsprechend § 103 StPO gehandelt, so der Minister. Dabei seien keine Unterlagen, Daten oder Geräte mitgenommen, sondern mehrere E-Mail-Konten "eingefroren" worden. Vor dem Besuch der Staatsanwaltschaft am 09.09.2021 habe es von deren Seite keinen Versuch einer Kontaktaufnahme mit den Finanzministerium gegeben, machte der Finanzminister deutlich. Die erwünschten Auskünfte wären laut Scholz erteilt worden, wenn die Staatsanwaltschaft nachgefragt hätte. Die Frage, ob das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ein rechtsstaatliches Vorgehen gewesen sei, könne er nicht abschließend beurteilen, da er nicht wisse, was der Staatsanwaltschaft zu dem Zeitpunkt alles bekannt gewesen sei. Gesetzlich vorgesehen sei aber, dass "im Regelfall" bei nicht verdächtigen Dritten vorher zu fragen sei – insbesondere wenn es sich um Behörden handele, "die normalerweise rechtmäßige Auskünfte geben".

Scholz sieht keine Anhaltspunkte für Fehler in FIU

Scholz sagte weiter, von den Vorwürfen und den Ermittlungen gegen die FIU wegen nicht weitergeleiteter Meldungen von Banken zu Geldwäscheverdachten habe er durch Medienberichte erfahren. Das Finanzministerium habe keine Fachaufsicht über die FIU. Als Dienstherr über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FIU wolle er aber ganz deutlich sagen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, "dass dort absichtlich Verdachtsfälle nicht bearbeitet wurden oder schlecht gearbeitet wurde". Der Finanzminister erläuterte den Umgang der FIU mit Geldwäscheverdachtsfällen. Schon sein Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) habe die Einheit aus dem Bundeskriminalamt herausgelöst und dem Zoll zugeschlagen. Mit Beginn seiner Amtszeit habe es bei der FIU, der eine hohe Bedeutung für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung zukomme, viele Baustellen gegeben. Diese sei er konsequent angegangen. Unter ihm als Bundesfinanzminister seien das Personal aufgestockt, die IT verbessert und die Befugnisse erweitert worden.

"Risikobasierter Ansatz" laut Scholz international üblich

Anders als früher bestehe die Aufgabe der FIU nicht nur in der Weiterleitung gemeldeter Verdachtsfälle, sondern auch in der Analyse. So werde ein echter Mehrwert für Polizei und Staatsanwaltschaften geschaffen. Ohne diese Filterfunktion habe in der Vergangenheit jede Verdachtsmeldung zu einem Ermittlungsverfahren geführt. Davon hätten 97% wieder eingestellt werden müssen, weil sich der Verdachtsfall nicht habe erhärten lassen, sagte Scholz. Der heute von der FIU praktizierte "risikobasierte Ansatz" sei international üblich und auch Basis für den Austausch von Informationen.

Scholz weist Vorwürfe zurück

Die FIU könne über den risikobasierten Ansatz selbstständig entscheiden, so der Finanzminister. Er habe lediglich die Rechts-, aber nicht die Fachaufsicht über die FIU. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sähen umgangssprachlich so aus, "dass jemand mit Vorsatz eindeutige Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorfinanzierung ignoriert hat", sagte Scholz auf Nachfrage. Ob es am Ende der Ermittlungen einen konkreten Tatverdacht geben werde, sei heute noch nicht zu sagen. Eine Weisung der FIU-Leitung oder des Finanzministeriums, derartige Anhaltspunkte nicht weiterzuleiten, gebe es nicht, stellte er klar. Dies wäre absurd, so Scholz. Es sei im Übrigen auch nicht Teil des Ermittlungsverfahrens.

Laschet mit Ergebnissen unzufrieden

Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet zeigte sich nach der Sitzung unzufrieden. "Was wir bisher an Stellungnahmen gehört haben, hat nicht die Dimension aufgeklärt, die man aufklären muss", sagte der Unions-Kanzlerkandidat am Montag in Berlin, ohne Einzelheiten zu nennen. FDP, Grüne und Linke hatten die Sondersitzung beantragt, zu der Finanzminister Olaf Scholz (SPD) doch persönlich erschien, nachdem es zunächst geheißen hatte, er wolle sich digital zuschalten lassen. Laschet begrüßte dies. "Überhaupt zu erwägen, nicht da zu sein, war eine Schwächung des Parlaments", sagte er. Die Grünen warfen dem Finanzminister vor, die Sitzung zur Selbstdarstellung genutzt zu haben. "Wieder hat Scholz als Finanzminister alle Verantwortung für das Chaos bei der Anti-Geldwäsche-Behörde FIU und bei der Geldwäschebekämpfung von sich gewiesen", erklärte die Finanzpolitikerin Lisa Paus. "Olaf Scholz hat nicht genug getan zur Bekämpfung von Geldwäsche."

Streit um Zulässigkeit der Durchsuchung

In der SPD gibt es dagegen den Verdacht, diese Aktion so kurz vor der Bundestagswahl könne auch politische Motive gehabt haben, weil der Chef der Staatsanwaltschaft, Bernard Südbeck, ebenso CDU-Mitglied ist wie Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza. "Der Versuch, der Justiz Parteipolitik zu unterstellen, ist ein Tabubruch", sagte Laschet dazu am Montag. Das sei "unanständig", betonte er. Der Verfassungsrechtler Joachim Wieland hält die Durchsuchung dennoch für rechtswidrig. Es gebe "durchgreifende Zweifel an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit", schrieb er in einem Blogeintrag. "Für das scharfe Schwert einer Durchsuchung ist kein Anlass ersichtlich. Sie war nicht erforderlich und deshalb rechtswidrig."

Redaktion beck-aktuell, 20. September 2021 (ergänzt durch Material der dpa).