Bundesfinanzhof kippt Sanierungserlass des Finanzministeriums

Zu Krisenfirmen ist der Fiskus bislang gnädig - doch der Gnade fehlt die gesetzliche Grundlage. Der Bundesfinanzhof in München hat mit Beschluss vom 28.11.2016 den seit 2003 geltenden “Sanierungserlass“ des Bundesfinanzministeriums gekippt. Nach dem Erlass konnten Sanierungsgewinne von der Ertragsteuer befreit werden. Mit dieser am 09.02.2017 veröffentlichten Grundsatzentscheidung des obersten Finanzgerichts wird die Sanierung pleitebedrohter Firmen schwieriger (Az.: GrS 1/15).

Höheres Betriebsvermögen durch Schuldenerlass besteuerbar

Der "Sanierungserlass" besagt, dass Sanierungsgewinne von der Ertragsteuer befreit werden können. Wenn Gläubiger einer Firma Schulden erlassen, erhöht sich damit automatisch deren Betriebsvermögen. Und das sei grundsätzlich besteuerbar, urteilte das oberste deutsche Finanzgericht in dem in München veröffentlichten Beschluss. Dem Bundesfinanzhof geht es nicht um den Inhalt der Regelung, wie Präsident Rudolf Mellinghoff klarstellte. Laut Beschluss des Großen Senats hat das Finanzministerium schlicht die Machtbefugnis der Verwaltung überschritten.

Ministerium hat seine Kompetenzen überschritten

Denn der Erlass durch das Finanzministerium war nach Einschätzung des BFH ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. "Das ist ein fundamentaler Grundsatz der Besteuerung", sagte Mellinghoff. Das Bundesfinanzministerium habe eine "strukturelle Gesetzeskorrektur" vorgenommen und damit das Legalitätsprinzip verletzt. Der Hintergrund: 1997 hatte der Bundestag im Zuge der damaligen Unternehmensteuerreform die bis dahin geltende Steuerbefreiung abgeschafft, 2003 führte das Ministerium diese dann per Erlass wieder ein.

BFH hat keine grundsätzlichen Einwände

Der Bundesfinanzhof hat aber keine prinzipiellen Einwände, dass kriselnden Firmen die Ertragsteuern auf Sanierungsgewinne erlassen werden - nur eben nicht pauschal, sondern auf Basis einer Einzelfallprüfung. "Härten in der Besteuerung, die der Gesetzgeber sehenden Auges im Blick hatte, führen nicht dazu, dass eine Steuer aus Billigkeitsgründen erlassen werden kann", sagte Mellinghoff.

Insolvenzverwalter fordern gesetzliche Neuregelung

Die Insolvenzverwalter warnten vor dramatischen Folgen: "Es ist zu befürchten, dass zukünftig statt der Sanierung des gesamten Unternehmens dessen Zerschlagung gewählt werden muss, um die negativen steuerlichen Folgen zu umgehen", sagte Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbandes der Deutschen Insolvenzverwalter (VDI). Niering forderte eine schnellstmögliche gesetzliche Regelung: "Ansonsten ist zu befürchten, dass gerade die Sanierung größerer Handelsunternehmen wie aktuell Wöhrl oder Butlers in Frage steht."

BFH, Beschluss vom 28.11.2016 - GrS 1/15

Redaktion beck-aktuell, 7. Februar 2017 (dpa).