Bun­des-Not­brem­se im Bun­des­tag be­schlos­sen
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Das Ge­setz für eine Bun­des-Not­brem­se gegen die drit­te Co­ro­na-Welle hat im Bun­des­tag eine wich­ti­ge Hürde ge­nom­men. Die Ab­ge­ord­ne­ten von Union und SPD stimm­ten am Mitt­woch dem Ent­wurf für eine Än­de­rung des In­fek­ti­ons­schutz­ge­set­zes zu. Die Not­brem­se soll bun­des­weit ver­bind­li­che Re­geln für schär­fe­re Co­ro­na-Ge­gen­maß­nah­men fest­le­gen. Doch es gibt auch Kri­tik.

Vor­schrif­ten müs­sen noch Bun­des­rat pas­sie­ren

In na­ment­li­cher Ab­stim­mung vo­tier­ten 342 Ab­ge­ord­ne­te für das Ge­setz. Es gab 250 Nein-Stim­men und 64 Ent­hal­tun­gen. Zuvor hat­ten in zwei­ter Le­sung die Frak­tio­nen von Union und SPD dafür ge­stimmt. AfD, FDP und Linke stimm­ten gegen das Ge­setz. Die Grü­nen hat­ten sich ent­hal­ten. Bei hohen In­fek­ti­ons­zah­len sol­len weit­ge­hen­de Aus­gangs­be­schrän­kun­gen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr grei­fen. Auch ein Stopp von Prä­senz­un­ter­richt und stren­ge­re Be­stim­mun­gen für Ge­schäf­te sol­len dem Ein­däm­men der Neu­in­fek­tio­nen die­nen. Die Vor­schrif­ten könn­ten frü­hes­tens ab Sams­tag grei­fen. Bevor das ge­sche­hen kann, müs­sen sie am Don­ners­tag noch den Bun­des­rat pas­sie­ren. Zudem muss Bun­des­prä­si­dent Frank-Wal­ter Stein­mei­er das Ge­setz noch un­ter­zeich­nen, und es muss noch of­fi­zi­ell ver­kün­det wer­den.

Scholz ver­tei­digt Neu­re­ge­lun­gen: Klar­heit und Kon­se­quenz er­for­der­lich

Die ge­plan­te Co­ro­na-Not­brem­se hat im Bun­des­tag zu einem hef­ti­gen Schlag­ab­tausch ge­führt. Die Op­po­si­ti­on kri­ti­sier­te am Mitt­woch vor der ent­schei­den­den Ab­stim­mung im Ple­num unter an­de­rem er­heb­li­che Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen. Vi­ze­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) ver­tei­dig­te die Neu­re­ge­lun­gen, die zu mehr Ver­ständ­lich­keit und grö­ße­rer Un­ter­stüt­zung bei den Bür­gern bei­tra­gen soll­ten. Scholz sagte: "Was wir brau­chen, ist Klar­heit und Kon­se­quenz." Es solle fest­ge­legt wer­den, dass bei Über­schrei­ten hoher In­fek­ti­ons­wer­te etwas getan wer­den müsse, und zwar "über­all in Deutsch­land und immer und in jedem Fall".

Spahn: Zwei Drit­tel aller Aus­brü­che im pri­va­ten Be­reich

Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) warb für Zu­stim­mung zu den Plä­nen, die der Re­du­zie­rung von Kon­tak­ten die­nen sol­len: "Die Lage ist ernst, sehr ernst." Er sagte: "Wenn wir Leid ver­mei­den kön­nen, soll­ten wir es ver­mei­den." 5.000 Men­schen lägen der­zeit mit Covid-19 auf In­ten­siv­sta­tio­nen: "Ten­denz wei­ter stei­gend, bei sin­ken­dem Alter der Pa­ti­en­ten." Zwei Drit­tel aller Aus­brü­che fän­den der­zeit im pri­va­ten Be­reich statt.

Vor allem an Aus­gangs­sper­ren Kri­tik

Linke-Frak­ti­ons­che­fin Amira Mo­ha­med Ali sagte: "Ja, es geht um Leben und Tod." Das Pan­de­mie­ge­sche­hen müsse drin­gend ein­ge­dämmt wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung ver­su­che aber, Grund­rech­te "prak­tisch im Vor­bei­ge­hen" ein­zu­schrän­ken und ihre Be­fug­nis­se aus­zu­wei­ten. Un­ver­hält­nis­mä­ßig sei, dass ab einem In­zi­denz­wert 100 Aus­gangs­sper­ren kom­men soll­ten, Kin­der aber bis zu einem Wert von 165 zur Schu­le gehen. "Woher haben Sie ei­gent­lich diese Zah­len? Wür­feln Sie die aus?"

FDP droht mit Ver­fas­sungs­be­schwer­de

Die FDP be­kräf­tig­te ihre Dro­hung, gegen Aus­gangs­be­schrän­kun­gen Ver­fas­sungs­be­schwer­de ein­zu­le­gen. Diese seien "keine ge­eig­ne­ten Maß­nah­men", sagte Ge­sund­heits­ex­per­tin Chris­ti­ne Aschen­berg-Dug­nus. "Sie schrän­ken nur in un­zu­läs­si­ger Weise die Grund­rech­te ein und trei­ben die Men­schen in den pri­va­ten Be­reich." Die Al­ter­na­ti­ven zur "Bun­des-Not­brem­se" seien ge­stei­ger­tes Imp­fen und Tes­ten sowie eine bes­se­re Auf­klä­rung über Kon­takt­ver­mei­dung.

Gau­land sieht An­griff auf "ge­sun­den Men­schen­ver­stand"

AfD-Frak­ti­ons­chef Alex­an­der Gau­land sprach von einem "An­griff auf die Frei­heits­rech­te, den Fö­de­ra­lis­mus wie den ge­sun­den Men­schen­ver­stand". Die Re­gie­rung habe in der Impf­stoff­be­schaf­fung ver­sagt und ver­su­che nun, die Op­po­si­ti­on durch mo­ra­li­schen Druck zur Zu­stim­mung zu be­we­gen. Kri­ti­ker wür­den nicht ernst ge­nom­men. "Sie kön­nen nicht das halbe Volk zu Que­ru­lan­ten ma­chen", sagte er mit Ver­weis auf Men­schen, die am Mitt­woch in Ber­lin gegen die Co­ro­na-Po­li­tik de­mons­trier­ten.

Grüne for­dern schär­fe­re Re­geln gegen drit­te Co­ro­na-Welle

Die Grü­nen for­der­ten da­ge­gen schär­fe­re Re­geln gegen die drit­te Co­ro­na-Welle als nun ge­plant. "Ins­ge­samt rei­chen diese Maß­nah­men nicht aus, um tat­säch­lich eine Trend­um­kehr hin­zu­be­kom­men", sagte Ge­sund­heits­ex­per­tin Maria Klein-Sch­meink. Sie warf Union und SPD vor: "Sie han­deln zu spät, zu un­wirk­sam." Die Grü­nen woll­ten sich bei der Ab­stim­mung über den Ent­wurf ent­hal­ten.

Brink­haus warb um Zu­stim­mung

Uni­ons­frak­ti­ons­chef Ralph Brink­haus warb ein­dring­lich um Zu­stim­mung: "Die­ses Ge­setz ist ein Ge­setz fürs Leben." Der CDU-Po­li­ti­ker räum­te ein, dass die Ein­schrän­kun­gen etwa vie­len Händ­lern schwer zu schaf­fen ma­chen. Wenn ihn die Krise um den Schlaf brin­ge, denke er aber vor allem an Men­schen, die krank ge­wor­den seien. "Und ich denke an die Men­schen, die ster­ben." Er hätte ein här­te­res und schär­fe­res Ge­setz be­vor­zugt, aber nun sei es wich­tig, den Kom­pro­miss zu ver­ab­schie­den.

Redaktion beck-aktuell, 21. April 2021 (dpa).

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