Bundes-Klimaschutzgesetz: Länder fordern grundlegendere Reformen

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 08.11.2019 zum Entwurf für ein Bundes-Klimaschutzgesetz Stellung genommen, mit dem die Bundesregierung erstmals ein konkretes Ziel zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes verankert: Bis 2030 soll er um mindestens 55% sinken, heißt es in der Mitteilung der Länderkammer. Diese fordert ein grundlegend neues System für die Steuern und Abgaben im Energiebereich und will eine gleichberechtigte Beteiligung auch an den zusätzlichen Einkünften. In einer zweiten Entschließung beschäftigte sie sich mit den Folgekosten aus einer verstärkten Unterstützung des ÖPNV.

Abgabensystem im Energiebereich grundlegend überarbeiten

Die Länder warnen allgemein davor, dass die zügige Umsetzung der hierfür beabsichtigen Maßnahmen wie CO2-Bepreisung, Erhöhung der Flugabgabe und steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung nicht dazu führen dürfe, dass grundlegende Reformen zurückgestellt werden. Das bestehende System von Steuern und Abgaben im Energiebereich werde den heutigen Anforderungen durch Energiewende und Klimaschutz nicht mehr gerecht. An die Bundesregierung appellieren die Länder deshalb, das System umfassend zu überarbeiten.

Höherer Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor

In ihrer Stellungnahme unterstreichen die Länder, dass gerade im Verkehrssektor ein größerer Anteil erneuerbarer Energien erreicht werden muss. Hierfür müsse die Entwicklung marktreifer Nutzfahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb weiter forciert sowie der Aufbau einer Wasserstoff-Tankstellen-Infrastruktur in Deutschland gefördert werden. Eine kurzfristige Lösung zur Reduktion des Treibhausgasaustoßes sieht der Bundesrat in der Nutzung von Biogas als Treibstoff. So könnten mit Methangas betriebene Lkw einen klimafreundlichen Güterverkehr ermöglichen.

Finanzielle Auswirkungen des Klimapakets klären

Deutliche Kritik übt der Bundesrat daran, dass sich der Bund über die finanziellen Auswirkungen der geplanten Klimaschutzmaßnahmen nicht mit Ländern und Gemeinden verständigt hat. Faktisch erhalte der Bund erhebliche Mehreinnahmen, während auf die Länder und Gemeinden ausschließlich finanzielle Mehrbelastungen zukämen. Der Bundesrat erwartet deshalb, dass die finanziellen Auswirkungen zwischen Bund und Ländern geklärt werden, bevor das erste Gesetz des Klimapakets verabschiedet ist. Die Bundesregierung solle hierfür zeitnah Gespräche mit Bund, Ländern und Gemeinden aufnehmen. Darüber hinaus fordert der Bundesrat mehr Mitsprache durch die Länder bei der näheren Ausgestaltung des Gesetzes.

Geplant sind: Emissionsbudgets für die Sektoren

Damit die Bundesrepublik ihr Klimaziel nicht erneut verfehlt, definiert das Bundes-Klimaschutzgesetz neben dem Gesamtreduktionsziel auch, wieviel CO 2 jeder einzelne Sektor bis 2030 noch ausstoßen darf. Für die Jahre ab 2030 sollen die zulässigen Emissionswerte dann per Rechtsverordnung festgelegt werden. Das Bundesumweltamt erhalte den Auftrag, die genauen Emissionsdaten in den einzelnen Bereichen wie Energiewirtschaft oder Verkehr jährlich zu ermitteln. Veröffentlicht würden sie im März des Folgejahres. Ein unabhängiger Expertenrat begleite die Erhebung. Erfülle ein Sektor seine gesetzlich vorgegebenen Ziele nicht, müsse das zuständige Bundesministerium der Bundesregierung innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen. Bevor die Bundesregierung über die darin vorgeschlagenen Maßnahmen entscheide, würden sie vom Expertenrat geprüft. Zulässig sei in diesem Zusammenhang auch, die Emissionsdaten sektorübergreifend zu verrechnen. Außerdem bestimmt der Gesetzentwurf, dass die Bundesverwaltung ab 2030 klimaneutral organisiert ist.

Mehr Unterstützung im ÖPNV gefordert

Handlungsbedarf sieht der Bundesrat in einer zweiten Entschließung auch bei der Beteiligung des Bundes an den Kosten für ÖPNV und SPNV. Im Klimaschutzprogramm 2030 seien in diesem Bereich erhebliche Anstrengungen vorgesehen. Die derzeit zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel reichten für die erforderlichen Verbesserungsmaßnahmen nicht aus. Der Bundesrat erwarte deshalb, dass die Mittel deutlich angehoben werden. Auch bei der Umsetzung der geplanten Mobilitätsprämie fordern die Länder mehr Unterstützung durch den Bund.

Die geplanten Maßnahmen im Einzelnen

Als Teil des Klimaschutzprogramms 2030 soll die Pendlerpauschale laut Regierungsentwurf ab 2021 um 5 Cent auf 35 Cent pro Kilometer steigen. Geringverdiener, die keine Einkommensteuer zahlen, sollen die Mobilitätsprämie erhalten. Sie beträgt 14 Prozent der erhöhten Pendlerpauschale. Beide Begünstigungen gelten bis zum 31.12.2026.

Billiger bahnfahren

Das Bahnfahren soll durch günstigere Bahntickets attraktiver werden. Hierfür wird der Mehrwertsteuersatz für Fahrkarten im Fernverkehr dauerhaft von 19% auf 7% herabgesetzt.

Förderung energetischer Gebäudesanierung

Eine weitere Entlastung betrifft Wohneigentümer: Entscheiden sie sich für energetische Sanierungsmaßnahmen, dann können sie für die Aufwendungen bis Ende 2020 einen 20 prozentigen Abzug von der Steuerschuld geltend machen. Abzugsfähig sind zum Beispiel der Einbau klimafreundlicher Heizungen, moderner Fenster oder die Dämmung von Dächern und Außenwänden.

Kommunen sollen von Windparks profitieren

Ebenfalls Teil des Maßnahmenpakets ist die Möglichkeit für Kommunen, bei der Grundsteuer einen besonderen Hebesatz auf Sondergebiete für Windenergieanlagen festzulegen. Durch die Maßnahme sollen Kommunen stärker von den Erträgen profitieren. Die Bundesregierung hofft so auf mehr Akzeptanz für Windkraftprojekte.

Wie es weitergeht

Die Stellungnahmen des Bundesrates werden nun an die Bundesregierung weitergeleitet. Sobald sie sich dazu geäußert hat, leitet sie sie einschließlich ihrer Gegenäußerung an den Bundestag weiter.

Redaktion beck-aktuell, 8. November 2019.

Mehr zum Thema