BSG versagt Krankenhäusern Zusatzvergütung für Atemunterstützung mittels High-Flow-Nasenkanüle

Krankenhäuser dürfen Zeiten der Atemunterstützung eines Neugeborenen oder Säuglings mittels High-Flow-Nasenkanüle (HFNC) nicht als Stunden maschineller Beatmung kodieren, um eine zusätzliche Vergütung zu erhalten. Dies hat das Bundessozialgericht mit einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 30.07.2019 entschieden (Az.: B 1 KR 11/19 R).

Auslegung der Verträge durch Gerichte

Ordnungsgemäß erbrachte stationäre Krankenhausleistungen sind in der Regel nach Fallpauschalen zu vergüten, denen Kodierrichtlinien zugrunde liegen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung vereinbaren die Fallpauschalen seit mehr als zehn Jahren in sogenannten Normenverträgen und passen sie jährlich an Änderungen an. Es ist folglich nicht Aufgabe von Sachverständigen, sondern der Gerichte, Streitigkeiten über die Auslegung dieser Verträge anlässlich der Abrechnung konkreter Krankenhausleistungen zu klären. Sie beschränken sich hierbei im Wesentlichen auf eine an Wortlaut und System der Verträge ausgerichtete Kontrolle.

66 Stunden maschinelle Beatmung berechnet

In dem jetzt entschiedenen Rechtsstreit versorgte die klagende Krankenhausträgerin Anfang 2017 einen fünf Monate alten, bei der beklagten Krankenkasse versicherten Säugling wegen akuter Bronchiolitis unter anderem mit HFNC-Atemunterstützung. Bei dieser Beatmungsform wird über eine Nasenbrille mit Schläuchen ein kontinuierlicher Luftstrom über die Nasenlöcher in den Nasen-Rachen-Raum geleitet. Die Klägerin kodierte hierfür nicht nur die Behandlung der akuten Bronchiolitis, sondern zudem 66 Stunden maschineller Beatmung, und berechnete insgesamt 8.656,96 Euro. Die Beklagte zahlte lediglich 2.769,25 Euro, weil Beatmungsstunden bei der Atemunterstützung durch HFNC nicht zu berechnen seien. Klage und Berufung des Krankenhausträgers sind ohne Erfolg geblieben.

BSG: Normenverträge lassen keine höhere Bezahlung zu

Zu Recht, wie jetzt auch das BSG entschieden hat: Die maßgeblichen Normenverträge ließen keine höhere Bezahlung zu. Die Behandlung mittels HFNC sei keine maschinelle Beatmung im Sinne der maßgeblichen Kodierregel und dieser auch nicht gleichgestellt. Der Säugling sei weder intubiert oder tracheotomiert worden noch sei eine Beatmung über ein Maskensystem erfolgt. Wenn die Vertragspartner im Wissen um die HFNC-Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen mindestens seit 2011 bewusst ihre Normenverträge nicht ändern, dürfe sich die Rechtsprechung über deren Entscheidung nicht hinwegsetzen. Die Höhe der Pauschalvergütung berühre dabei nicht die Pflicht der Klägerin, Neugeborene und Säuglinge kunstgerecht zu behandeln.

BSG, Urteil vom 30.07.2019 - B 1 KR 11/19 R

Redaktion beck-aktuell, 11. September 2019.

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