BSG: Rentenversicherung darf sich gegen Zuständigkeitsverletzung durch Krankenkasse wehren

Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist berechtigt, Bescheide zur Versicherungspflicht einer als Einzugsstelle handelnden gesetzlichen Krankenkasse mit dem Argument anzufechten, ihre Alleinzuständigkeit im obligatorischen Clearingstellenverfahren sei verletzt. Dies hat das Bundessozialgericht am 16.07.2019 in zwei Urteilen entschieden und dadurch Revisionen der beklagten BKK24 zurückgewiesen (Az.: B 12 KR 6/18 R und B 12 KR 5/18 R). Weitere Verfahren haben sich nach Angaben des BSG anderweitig erledigt.

Alleinzuständigkeit der Rentenversicherung wehrhaftes Recht 

Gehe es um Tätigkeitsverhältnisse unter Eheleuten oder Eltern und Kindern, sei nicht die Einzugsstelle, sondern die Deutsche Rentenversicherung Bund berechtigt, im obligatorischen Clearingstellenverfahren nach § 7a Abs. 1 S. 2 SGB IV das Bestehen oder Nichtbestehen von versicherungspflichtiger Beschäftigung festzustellen, so das BSG. Ihre Zuständigkeit sei als wehrhaftes Recht ausgestaltet. Der Clearingstelle sei die Aufgabe eines herausgehobenen Statusentscheiders mit besonderer Gemeinwohlverantwortung in Fällen zugewiesen, in denen es typischerweise an einem Interessengegensatz der Vertragspartner des Tätigkeitsverhältnisses fehle.

Schutz der Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten

Das obligatorische Clearingstellenverfahren diene einerseits dem Schutz der Beschäftigten in einem besonderen Näheverhältnis zum Arbeitgeber: Ihnen solle aus Gründen der Rechtssicherheit zügig und von Amts wegen eine objektive Entscheidung einer neutralen Stelle über die Versicherungspflicht zukommen, die unter Umständen auch eine leistungsrechtliche Bindung der Bundesagentur für Arbeit nach § 336 SGB III bewirke. Andererseits werde auch die Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten geschützt, so das BSG: Weder Beschäftigte noch Arbeitgeber oder die im Wettbewerb untereinander stehenden Krankenkassen mit ihren Einzugsstellen dürften über die Versicherungspflicht frei disponieren.

Förmliche Meldung des Arbeitgebers nicht erforderlich

Die Alleinzuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund ist nach Auffassung des BSG im entschiedenen Fall durch die angefochtenen Bescheide der beklagten BKK24 verletzt worden. Das obligatorische Clearingstellenverfahren sei auch dann durchzuführen, wenn die Einzugsstelle auf andere Weise als aus einer förmlichen Meldung des Arbeitgebers über den Beschäftigungsbeginn oder den Krankenkassenwechsel Kenntnis davon erlangt hat, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist. Voraussetzung sei lediglich, dass der Arbeitgeber der Einzugsstelle gegenüber aufgrund objektiver Umstände seine Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zum Ausdruck gebracht hat. Dies sei in allen Fällen erfüllt gewesen.

BSG, Urteil vom 16.07.2019 - B 12 KR 6/18 R

Redaktion beck-aktuell, 17. Juli 2019.

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