BSG-Präsident fordert Zuständigkeit der Sozialgerichte für Kindergrundsicherung

Die Zuständigkeit für die im Koalitionsvertrag vereinbarte und derzeit in Vorbereitung befindliche Kindergrundsicherung sollte bei den Sozialgerichten liegen. Dies forderte der Präsident des Bundessozialgerichts Rainer Schlegel gestern im Rahmen des Jahrespressegesprächs des BSG. Die Sozialgerichtsbarkeit verfüge über die entsprechende Expertise und eine Gerichtsstruktur in der Fläche, die einen niedrigschwelligen Zugang und Rechtsschutz in angemessener Zeit ermögliche, so Schlegel.

Umfassende existenzsichernde Leistung für Kinder

Die Kindergrundsicherung ziele darauf ab, eine umfassende existenzsichernde Leistung für Kinder zu schaffen. Sie solle das steuerrechtliche Kindergeld, existenzsichernde Leistungen für Kinder im Bezug von Bürgergeld und Sozialhilfe, Teile des Bildungs- und Teilhabepakets beider Gesetze sowie den Kinderzuschlag in einer Leistung bündeln. Bis auf Streitigkeiten um das steuerrechtliche Kindergeld als Bestandteil des Familienlastenausgleichs, die in die Zuständigkeit der Finanzgerichte fallen, seien dafür schon jetzt die Sozialgerichte zuständig, so der BSG-Präsident. 

Schlegel: Sozialgerichtsbarkeit hat bereits Erfahrung

"Wenn die zukünftige Kindergrundsicherung diese Leistungen ersetzen soll, muss sie als existenzsichernder Sozialleistungsanspruch des Kindes ausgestaltet sein und verstanden werden. Denn es geht bei allem um die verfassungsrechtlich gebotene Sicherung des Existenzminimums von Kindern", so Schlegel. Mit exakt diesen sozialrechtlichen Fragen habe sich die Sozialgerichtsbarkeit seit Einführung des SGB II und des SGB XII im Jahr 2005 beschäftigt und allein 2022 rund 100.000 Verfahren dieser Art erledigt. Die Sozialgerichtsbarkeit verfüge also zweifellos über die entsprechende Expertise und eine Gerichtsstruktur in der Fläche, die einen niedrigschwelligen Zugang und Rechtsschutz in angemessener Zeit ermöglicht.

Elektronische Gerichtsakte: Anpassung der Prozessordnung gefordert

 Schlegel berichtete zudem über die Einführung der elektronischen Gerichtsakte am BSG. Seit September 2022 würden alle eingehenden Verfahren elektronisch geführt. Neben der für eine reibungslose Arbeit erforderlichen Technik "sollte aber auch der Gesetzgeber prüfen, wie die Prozessordnung gestaltet werden muss, damit schon die Vorlage der Akten bei den Gerichten nach einheitlichen Standards funktioniert", so der BSG-Präsident weiter. Nur ein funktionales System finde Akzeptanz bei den Nutzern.

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 8. Februar 2023.