BSG: Krankenhäuser müssen Krankenkassen Umsatzsteuer auf Zytostatika für ambulante Krebsbehandlung erstatten

Krankenhäuser müssen gesetzlichen Krankenkassen die Umsatzsteuer auf individuell durch die Krankenhausapotheke zubereitete und im Rahmen einer ambulanten Krankenhausbehandlung verabreichte Zytostatika zurückzahlen. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 10.04.2019 entschieden. Der Anspruch ergebe sich entweder im Wege ergänzender Vertragsauslegung oder beruhe auf einem vertraglichen Schadensersatzanspruch, je nachdem, ob die Krankenhäuser die Umsatzsteueranmeldung noch ohne Prozessrisiko korrigieren können oder nicht (Az.: B 1 KR 5/19 R).

BSG: Beklagte Klinik muss Umsatzsteuer zurückzahlen

Das BSG hat die beklagte Krankenhausträgerin verurteilt, der klagenden Techniker-Krankenkasse 1319,36 Euro Umsatzsteuer zurückzuzahlen. Lediglich hinsichtlich eines Teils der Prozesszinsen hat es die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Hätten Krankenhäuser und Krankenkassen vereinbart, in Krankenhausapotheken an Versicherte abgegebene Arzneimittelzubereitungen mit Nettopreisen zuzüglich der jeweils geltenden Umsatzsteuer zu vergüten, und zahlten die Krankenkassen Umsatzsteuer, die sich nach Rechtsprechung und Steuererlassen als unzutreffend erweise, könnten die Krankenkassen die Rückzahlung der Umsatzsteuer verlangen.

Rückzahlungsanspruch aus ergänzender Auslegung bei noch änderbaren Umsatzsteueranmeldungen

Laut BSG steht der Klägerin der Rückzahlungsanspruch aus ergänzender Auslegung des Vertrags zu, soweit die Steueranmeldungen der Beklagten noch nicht formell bestandskräftig oder jedenfalls noch abänderbar gewesen seien. Hätten die Vertragsparteien bedacht, dass die Steuerverwaltung auch mit Rückwirkung die Umsatzsteuer-Pflicht in der vorliegenden Fallgestaltung verneine, hätten sie vereinbart, dass den vertragschließenden Krankenkassen ein Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuer zustehe, wenn die Beklagte ihren Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt ohne Prozessrisiko durchsetzen könne. So liege es seit Veröffentlichung des Umsatzsteueranwendungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (20.10.2016).

Vertraglicher Schadensersatzanspruch bei nicht mehr korrigierbaren Anmeldungen

Seien die maßgeblichen Steueranmeldungen nicht mehr abänderbar, beruhe der Anspruch auf einem vertraglichen Schadensersatzanspruch, so das BSG weiter. Die Beklagte wäre jedenfalls spätestens nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.09.2014 (BeckRS 2014, 96437) verpflichtet gewesen, im Vorgriff auf mögliche Reaktionen der Steuerverwaltung innerhalb der noch laufenden Festsetzungsfrist die Abänderung zu beantragen. Dies wäre ihr angesichts der Kostenfreiheit des Verfahrens zumutbar gewesen.

BSG, Urteil vom 09.04.2019 - 1 KR 5/19 R

Redaktion beck-aktuell, 10. April 2019 (dpa).

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