Keine strengen Anforderungen an Wohngruppenzuschlag für pflegebedürftige Menschen

Der Wohngruppenzuschlag zugunsten pflegebedürftiger Menschen unterliegt keinen strengen Anforderungen. Dies hat das Bundessozialgericht in drei Revisionsverfahren zu § 38a SGB XI entschieden. Zur Begründung verweist es auf die hohe Bedeutung, die dem gesetzlichen Zielzukomme, ambulante Wohnformen pflegebedürftiger Menschen unter Beachtung ihres Selbstbestimmungsrechts zu fördern.

Kein Zuschlag bei (verkappter) vollstationärer Versorgungsform

Trotz der Zielrichtung des Gesetzes wäre der Zuschlag (derzeit 214 Euro monatlich) laut BSG allerdings zu versagen, wenn es sich nicht im Rechtssinn um eine ambulant betreute Wohngruppe, sondern faktisch um eine (verkappte) vollstationäre Versorgungsform handelt, oder wenn die in der Wohngruppe erbrachten Leistungen nicht über diejenigen der häuslichen Pflege hinausgehen. Für gesetzlich begünstigte Wohn- und Versorgungsformen sei maßgebend, dass die Betroffenen im Sinn einer "gemeinschaftlichen Wohnung" die Möglichkeit haben, Gemeinschaftseinrichtungen zu nutzen, und dass sie die Übernahme einzelner Aufgaben außerhalb der reinen Pflege durch Dritte selbstbestimmt organisieren können.

Keine strengen Formvorgaben für "gemeinschaftliche Beauftragung"

Die "gemeinschaftliche Beauftragung" einer Person zur Verrichtung der im Gesetz genannten, die Wohngruppe unterstützenden Tätigkeiten müsse sich an der Förderung der Vielfalt individueller Versorgungsformen und der Praktikabilität messen lassen, so das BSG weiter. Deshalb unterliege eine gemeinschaftliche Beauftragung keinen strengen Formvorgaben und könne auch durch nachträgliche Genehmigung erfolgen. Ausreichend sei, wenn innerhalb der Maximalgröße der Wohngemeinschaft von zwölf Personen einschließlich der die Leistung begehrenden pflegebedürftigen Person mindestens zwei weitere pflegebedürftige Mitglieder an der gemeinschaftlichen Beauftragung mitwirken.

Beauftragte dürfen noch andere pflegerische Dienstleistungen übernehmen

Bei der beauftragten Person könne es sich auch um mehrere Personen und ebenfalls um eine juristische Person handeln, die dann wiederum durch namentlich benannte natürliche Personen die für die Aufgabenerfüllung nötige regelmäßige Präsenz sicherstellt. Auch schadet es nach Ansicht des BSG nicht, wenn die Beauftragten noch andere Dienstleistungen im Rahmen der pflegerischen Versorgung übernehmen, solange keine solch enge Verbindung zur pflegerischen Versorgung besteht, dass diese als stationäre Vollversorgung zu qualifizieren wäre.

LSG müssen nochmals entscheiden

Die den BSG-Entscheidungen vorausgehenden Urteile der Landessozialgerichte, in denen der Zuschlag sämtlich abgelehnt worden war, hob das BSG auf. Abschließend entscheiden konnte es über die begehrten Zuschläge aber nicht. Insoweit fehlten noch Feststellungen zum Vorliegen weiterer Anspruchsvoraussetzungen, die die LSG nun noch treffen müssten, so das BSG.

BSG, Urteil vom 10.09.2020 - B 3 P 2/19 R

Redaktion beck-aktuell, 10. September 2020.