Keine Rück­zah­lung er­schwin­del­ter Rente nach mehr als 10 Jah­ren

Auch wenn eine ge­setz­li­che Rente er­schwin­delt wor­den ist, kann der Ver­si­che­rungs­trä­ger mehr als zehn Jahre nach Ab­lauf ihrer Be­wil­li­gung kein Geld mehr zu­rück­for­dern. Mit die­ser Ent­schei­dung vom 21.10.2020 hat das Bun­des­so­zi­al­ge­richt der Klage einer Witwe statt­ge­ge­ben, deren Mann im Jahr 2011 ge­stor­ben war und der eine seit 1968 be­zo­ge­ne an­zu­rech­nen­de Ver­letz­ten­ren­te ver­schwie­gen hatte.

Ver­letz­ten­ren­te ver­schwie­gen

Dass die Rente si­cher sei, hat einst schon der da­ma­li­ge Bun­des­ar­beits- und -so­zi­al­mi­nis­ter Nor­bert Blüm (CDU) ver­spro­chen. Dass dies auch dann gilt, wenn nach dem Tod des Ver­si­cher­ten lange zu­rück­lie­gen­de Falsch­an­ga­ben sei­ner­seits auf­ge­deckt wer­den, haben nun die obers­ten So­zi­al­rich­ter klar­ge­stellt. Als des­sen Gat­tin und Al­lein­er­bin zwei Wo­chen nach des­sen Ab­le­ben im Jahr 2011 Wit­wen­ren­te be­an­trag­te, flog auf: Ihr Mann hatte dem Ren­ten­ver­si­che­rer min­des­tens in sei­nen letz­ten elf Le­bens­jah­ren ver­schwie­gen, dass er wegen eines Ar­beits­un­falls im Jahr 1968 von der Be­rufs­ge­nos­sen­schaft eine Ver­letz­ten­ren­te von zu­letzt 666 Euro im Monat er­hal­ten hatte. Weil die auf die Al­ters­ren­te an­zu­rech­nen ge­we­sen wäre, soll­te die Witwe dar­auf­hin 28.000 Euro zu­rück­zah­len. Vor dem SG Ol­den­burg mach­te die Frau gel­tend, nicht der Ver­bli­che­ne habe der­einst den Leis­tungs­an­trag aus­ge­füllt, son­dern ein Kran­ken­kas­sen­mit­ar­bei­ter. Wie dem auch sei - es wies eben­so wie an­schlie­ßend das LSG Nie­der­sach­sen-Bre­men die Rück­for­de­rung ab. Denn die Rück­nah­me eines rechts­wid­ri­gen be­güns­ti­gen­den Ver­wal­tungs­akts nach § 45 SGB X, so die in Celle an­säs­si­gen Rich­ter der Be­ru­fungs­in­stanz, sei auch bei Vor­lie­gen von Wie­der­auf­nah­me­grün­den nach § 580 ZPO nicht un­be­fris­tet mög­lich. Je­den­falls eine arg­lis­ti­ge Täu­schung sei hier nicht zu un­ter­stel­len.

Zehn Jahre sind das Ma­xi­mum

Dem schlos­sen sich nun die Bun­des­rich­ter an. Zwar sei der Al­ters­ren­ten­be­scheid im Hin­blick auf die Zahl­be­trags­fest­set­zung von An­fang an rechts­wid­rig ge­we­sen, weil die Ver­letz­ten­ren­te hätte an­ge­rech­net wer­den müs­sen. Auch gelte wegen der Falsch­an­ga­ben kein Ver­trau­ens­schutz (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 und 3 SGB X). Gleich­wohl könne ein rechts­wid­ri­ger be­güns­ti­gen­der Ver­wal­tungs­akt nur unter Ein­hal­tung der in § 45 Abs 3 SGB X fest­ge­leg­ten Fris­ten zu­rück­ge­nom­men wer­den. Die Rück­nah­me­mög­lich­keit ist dem­nach grund­sätz­lich auf zwei Jahre seit der Be­kannt­ga­be des rechts­wid­ri­gen Ver­wal­tungs­akts be­schränkt. Wenn ein Ver­trau­en des Ver­si­cher­ten aus­ge­schlos­sen ist, sind sogar zehn Jahre ma­ß­geb­lich. Zwar gelte die Zwei-Jah­res­frist nicht, wenn Wie­der­auf­nah­me­grün­de ent­spre­chend § 580 ZPO vor­lie­gen, so die Rich­ter in Kas­sel. Doch die zehn Jahre seien auch dann das Ma­xi­mum.

BSG, Urteil vom 21.10.2020 - B 13 R 19/19 R

Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 22. Oktober 2020.

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