Keine Hinterbliebenenleistungen nach Unfalltod eines Vorstands

Da ein Vorstandsmitglied einer nicht beherrschten Aktiengesellschaft nicht als Beschäftigter gesetzlich unfallversichert sein kann, haben dessen Hinterbliebene keinen Anspruch auf Leistungen. Das hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 15.12.2020 in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung entschieden. Eine freiwillige Versicherung wäre möglich gewesen, war aber von dem vom Dach eines Firmengebäudes gestürzten Familienvater nicht abgeschlossen worden.

Sturz vom Dach

Die Witwe und die Töchter eines tödlich verunglückten Mannes verlangten von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall Hinterbliebenenleistungen. Zum Zeitpunkt seines Todes war der Mann Mitglied des Vorstands einer AG. Er war bei der Dokumentation von Schäden vom Dach des Geschäftsgebäudes gestürzt. Das Sozialgericht Ulm wies die Klagen ab. Die Berufungen hatten vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg keinen Erfolg: Ein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen gegen die Berufsgenossenschaft sei zu verneinen, weil der Verunglückte nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen sei.

BSG: Gesetzliche Unfallversicherung greift nicht

Das sah das BSG genauso. Die Vorinstanzen hätten zu Recht entschieden, dass die Familie keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach §§ 63 ff. SGB VII hat. Der verstorbene Ehemann und Familienvater habe keinen versicherten Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII erlitten, als er vom Dach gestürzt sei. Laut BSG war die von dem Verunglückten zum Zeitpunkt des Unfalls ausgeübte Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft schon dem Grunde nach nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Er sei bei der zum Unfall führenden Verrichtung nicht als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig gewesen: Vorstandsmitglieder einer AG verrichteten in ihrer Funktion keine nicht-selbstständige Arbeit. In einer unabhängigen, nicht beherrschten AG übten sie die Leitung und ihr Vorstandsmandat weisungsfrei und eigenverantwortlich aus. Die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VII für "wie Unternehmer" in Kapitalgesellschaften tätige Personen, bestätigt aus Sicht der Kasseler Richter dieses Ergebnis.

Verunglückter war kein Wie-Beschäftigter

Der Verunglückte war laut BSG bei der unfallbringenden Verrichtung auf dem Dach auch nicht als "Wie-Beschäftigter" der AG nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII tätig. Diese Regel soll Menschen schützen, die für eine fremde Firma Aufgaben erledigen, die ansonsten typischerweise deren Angestellten übernommen hätten. Die AG war für ihn aber kein fremdes Unternehmen, sondern dasjenige, für das er als Organ tätig war.

BSG, Urteil vom 15.12.2020 - B 2 U 4/20 R

Redaktion beck-aktuell, 16. Dezember 2020.