Minderjährigenhaftungsbeschränkung für Kontoguthaben

Zum beim Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögen zählt auch ein auf Zahlung von Insolvenzgeld beruhendes Kontoguthaben. Laut Bundessozialgericht ist bei der Frage der Beschränkung der Haftung auf das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen grundsätzlich nur eine Saldierung von Schuld und Vermögen entscheidend. Unerheblich sei, ob es sich dabei um nicht pfändbare Zuflüsse handele.

Einmalige Insolvenzgeldzahlung

Ein heute 25-jähriger Mann wandte sich gegen die Erstattungsforderung eines Jobcenters (Saale-Holzland-Kreis) in Höhe von 22,57 Euro. Er wandte ein, zum Zeitpunkt der Volljährigkeit im Dezember 2016 über kein Vermögen verfügt zu haben, aus dem die Forderung hätte befriedigt werden dürfen (Einwand des § 1629a BGB). Er bezog mit seinem Vater als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Bis November 2016 erhielt er eine Ausbildungsvergütung. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte ihm für Januar 2017 Insolvenzgeld von rund 450 Euro, nachdem über seinen Ausbildungsbetrieb ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Die Auszahlung des Geldes erfolgte Mitte Dezember 2016 auf das Girokonto des jungen Mannes. Am selben Tag hob er 400 Euro ab. Das Guthaben betrug Ende Dezember 2016 noch 48,78 Euro. Im März 2016 forderte das Jobcenter vergeblich eine Erstattung von 22,57 Euro von ihm zurück, nachdem es die Leistungen für November 2015 endgültig festgesetzt hatte. Im Widerspruchsverfahren berief er sich erfolglos auf § 1629a BGB.

LSG verneint Haftungsbeschränkung

Weder beim SG Altenburg noch beim LSG Thüringen konnte sich der Kläger durchsetzen. Das Kontoguthaben habe zum Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit ausgereicht, um die Forderung des Jobcenters zu begleichen. Woher das Vermögen stamme, spiele keine Rolle. Weil der Kläger über kein Pfändungsschutzkonto verfügt habe, sei das Guthaben nach der Systematik der Zwangsvollstreckungsregelungen nicht gesondert geschützt. Auch die Revision beim BSG scheiterte.

BSG: Erstattungsforderung war rechtmäßig

Dem BSG zufolge ist die Erstattungsforderung des Beklagten auch unter Beachtung der Grundsätze der Minderjährigenhaftungsbeschränkung rechtmäßig geblieben. Zwar sei § 1629a BGB grundsätzlich auch dann anwendbar, wenn Schulden auf Erstattungsforderungen nach dem SGB II beruhen. Wegen der fehlenden Überschuldung des Klägers im Zeitpunkt der Volljährigkeit greife die Haftungsbeschränkung allerdings nicht. Dessen Verbindlichkeit habe bei Eintritt der Volljährigkeit am 30.12.2016 nicht dessen Vermögen überstiegen. Die Forderung habe 22,57 Euro betragen und liege damit unter dem Kontoguthaben von 48,78 Euro, über das der Kläger im Zeitpunkt seiner Volljährigkeit verfügte. Bei der Frage der Beschränkung der Haftung auf das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen sei grundsätzlich nur eine Saldierung von Schuld und Vermögen zum Zeitpunkt des Tags der Vollendung des 18. Lebensjahres entscheidend. Bei der Berücksichtigung des Vermögens zum Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit habe der Beklagte das Bankguthaben des Klägers daher berücksichtigen dürfen, unabhängig davon, ob dieses auf unpfändbaren Leistungen beruhte.

BSG, Urteil vom 21.06.2023 - B 7 AS 3/22 R

Redaktion beck-aktuell, 22. Juni 2023.