BSG hält Kürzung von Asylbewerberleistungen auf das "unabweisbar Gebotene" für verfassungskonform

Wirkt ein ausreisepflichtiger Leistungsberechtigter nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bei der Beschaffung eines Passes als Voraussetzung für seine Abschiebung nicht mit, dürfen seine Asylbewerberleistungen nach § 1a Nr. 2 AsylbLG auf das "unabweisbar Gebotene" gekürzt werden. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden, wie es am 12.05.2017 mitteilte. Nach seiner Ansicht ist die Regelung verfassungsrechtlich unbedenklich.

Kameruner werden wegen Abschiebungsbehinderung Geldleistungen nach AsylbLG gestrichen

Geklagt hatte ein Mann aus Kamerun, dessen Asylantrag bereits im Jahr 2004 abgelehnt worden war. Seitdem hat er aber an der Beschaffung von Passpapieren nicht mitgewirkt, obwohl er dazu ausländerrechtlich verpflichtet ist. Allein deshalb konnte seine Abschiebung noch nicht vollzogen werden. Seine Asylbewerberleistungen wurden deshalb nach § 1a Nr. 2 AsylbLG gekürzt. Er erhielt nur noch Sachleistungen zur Sicherung der physischen Existenz (Unterkunft, Kleidung, Ernährung), nicht aber Geldleistungen (bis zu 137 Euro monatlich) zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens, also etwa Kosten für Telekommunikation oder öffentlichen Nahverkehr oder auch Freizeitaktivitäten (sogenanntes soziokulturelles Existenzminimum).

BSG hält § 1a Nr. 2 AsylbLG für verfassungskonform

Nach Ansicht des BSG ist § 1a Nr. 2 AsylbLG verfassungsgemäß. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums hindere den Gesetzgeber nicht, im Rahmen seines Gestaltungsspielraums die uneingeschränkte Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Einhaltung gesetzlicher - hier ausländerrechtlicher - Mitwirkungspflichten zu knüpfen. § 1a Nr. 2 AsylbLG fülle diesen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum in verfassungsrechtlich zulässiger Weise aus. Die Regelung knüpfe die Absenkung der Leistungen an ein Verhalten, das der Betreffende jederzeit ändern könne. Die Vorschrift sehe weiter vor, dass die Bedürfnisse des konkreten Einzelfalls maßgeblich sind. Auch dass der Kläger hier über Jahre nur abgesenkte Leistungen erhalten habe, sei verfassungsrechtlich unbedenklich gewesen, denn er sei sich der Möglichkeiten zur Beendigung der Leistungsabsenkung bewusst gewesen. Er sei regelmäßig und unter Hinweis auf zumutbare Handlungsmöglichkeiten zur Mitwirkung aufgefordert und auch mehrfach der kamerunischen Botschaft vorgeführt worden. Der Erhalt ungekürzter Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz setze damit zwar voraus, dass der Ausländer aktiv daran mitwirkt, seinen Aufenthalt im Inland zu beenden. Diese Verknüpfung des Leistungs- mit dem Ausländerrecht sei bei bestehender Ausreisepflicht nicht zu beanstanden.

Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2017.

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