Anspruch auf zusätzliche vier Monate "Elterngeld Plus" als "Partnerschaftsbonus" haben Eltern nur, wenn beide Teile ihr Kind betreuen und gleichzeitig zwischen 25 und 30 Wochenstunden erwerbstätig sind. Während einer Arbeitsunfähigkeit besteht die Erwerbstätigkeit nur bis zum Ende der Lohnfortzahlung weiter – so wollte es das Bundesfamilienministerium in seinen Richtlinien zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) festlegen. Doch daran sahen sich die Bundesrichterinnen und -richter nun nicht gebunden. Der Hintergrund: Das Geld für Eltern ist mehrfach ausgeweitet worden, um Paaren den frühen Wiedereinstieg in den Job zu erleichtern.
Gesetz immer weiter ausgebaut
In Kraft trat das BEEG 2007, sechs Jahre später wurde es um das Betreuungsgeld ergänzt. 2015 gab es zwei weitere Neuerungen. So wurde das "Elterngeld Plus" als weitere Komponente eingeführt: Jeder Partner kann seither statt eines Elterngeldmonats zwei Plus-Monate in Anspruch nehmen. Damit können vor allem Eltern, die nach der Geburt des Kindes in Teilzeit arbeiten, länger von Unterstützung profitieren, befand das damalige Regierungsbündnis aus CDU/CSU und SPD, und hätten mehr Anreize zur Berufstätigkeit – so können sie bis zu 14 Monate lang gleichzeitig Elterngeld beziehen. Hinzu kam der "Partnerschaftsbonus": Er besteht aus vier zusätzlichen Elterngeld-Plus-Monaten je Elternteil und kann während oder im Anschluss an den Elterngeldbezug von Mutter oder Vater beansprucht werden, wenn beide zwischen 25 und 30 Stunden pro Woche erwerbstätig sind.
In dem aktuellen Fall wandte sich ein Vater gegen die Rückforderung von Leistungen. Vom 7. bis 12. Lebensmonat seines Sohns erhielt er das sogenannte Basiselterngeld, die Mutter hatte es vom 1. bis 12. Monat bekommen. Für den 14. bis 17. Monat machten nun beide vier Bonus-Monate geltend. Mit seinem Arbeitgeber vereinbarte der Mann für diese Zeit eine Verringerung seines Vollzeitjobs auf 30 Wochenstunden. Doch schon acht Tage nach Beginn dieses Vier-Monatszeitraums wurde er wegen eines Innenmeniskus-Hinterhorn-Komplexschadens arbeitsunfähig – bis genau einen Tag vor Ende der Bonus-Zeit. Die Elterngeldstelle verlangte daraufhin nicht nur ihre Überweisungen an ihn zurück, sondern kündigte dies auch für die Mutter des Sprösslings an.
"Erwerbstätig" auch als Kranker
Das SG Hannover gab der Behörde recht – schließlich sei der Mann in jener Zeit nicht erwerbstätig gewesen (und habe sich nach eigenem Bekunden um den Nachwuchs gekümmert). Das LSG Niedersachsen-Bremen stellte sich dagegen auf die Seite des Paares. So nun auch die obersten Sozialrichter: Eltern seien auch dann "erwerbstätig", wenn sie ihre Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit nicht ausüben können. Voraussetzung ist demnach, dass dieser Job auf die vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegt ist. Außerdem muss das konkrete Arbeitsverhältnis fortbestehen und voraussichtlich wieder aufgenommen werden. Eine andere Auslegung des BEEG, so die Richter in Kassel, widerspreche dem Ziel des "Elterngeld Plus", die partnerschaftliche Betreuung des Kindes bei gleichzeitiger Teilzeittätigkeit beider Elternteile wirtschaftlich abzusichern.
Der Wortlaut der Norm sei für eine solche Auslegung grundsätzlich offen, schreiben sie in ihrem Bericht über die Verhandlung. Der Begriff "erwerbstätig" sei im BEEG nicht definiert. Auch gebe es keinen feststehenden juristischen Sprachgebrauch, der hier herangezogen werden könnte. Im allgemeinen Verständnis umschreibt "erwerbstätig" dem Urteil zufolge – jedenfalls auch – eine längerfristige Eigenschaft, zum Beispiel bei der Unterscheidung zwischen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen. Für einen Fortbestand der Erwerbstätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug spricht aus Sicht des BSG in systematischer Hinsicht die im Gesetz vorgesehene Anrechnung von Krankengeld auf das "Elterngeld Plus". Überdies mindere ein gegenteiliges Verständnis der Norm die Anreizfunktion des "Partnerschaftsbonus" deutlich. Dies gelte nach der Lesart der beklagten Behörde insbesondere im Hinblick auf Selbstständige, die keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben: "Bei ihnen ließe schon ein einziger Krankheitstag den Anspruch auf Partnerschaftsbonus entfallen", geben die Bundesrichterinnen und -richter zu bedenken.