Streit um Herabsetzung des GdB
Im Streitfall wehrte sich ein Mann gegen die Herabsetzung des bei ihm ursprünglich festgestellten Grades der Behinderung (GdB) durch das Versorgungsamt von 50 auf 30. Der Gas- und Wasserinstallateur war zu handwerklichen Tätigkeiten nicht mehr in der Lage, nachdem ihm im Jahr 2011 ein gutartiger Tumor aus der rechten Schulter entfernt worden war, und wurde daraufhin Energieberater. Vor dem SG Osnabrück erstritt er sich eine Einstufung mit GdB 50. Nach einer Befragung des Ärztlichen Diensts stufte die Behörde ihn dann im Jahr 2016 auf GdB 20 herab. Dagegen ging er abermals vor und machte nun außerdem Beschwerden in Hals- und Lendenwirbelsäule, in beiden Knien und mit den Augen sowie im Hals-Nasen-Ohren-Bereich (beidseitige Schwerhörigkeit nebst Tinnitus) geltend, außerdem diverse Allergien mit lebensbedrohlichen Reaktionen.
"Nicht ohne meine Kinder" - Sachverständige verweigern Untersuchung
Das erneut angerufene SG bestellte daraufhin bei einem Orthopäden ein Gutachten. Der ließ sich jedoch entpflichten, weil der Kläger zum Termin seine Tochter mitgebracht und auf ihrer Anwesenheit während der gesamten Untersuchung bestanden hatte: Die Anwesenheit Dritter stoße bei ihm prinzipiell auf erhebliche Bedenken, da die Erhebung objektiver Befunde erschwert werde. Daraufhin beauftragte das Gericht einen anderen Sachverständigen. Bei dem erschien der Mann in Begleitung seines Sohns, woraufhin auch dieser Experte die Arbeit verweigerte: Durch die Anwesenheit einer Begleitperson entstehe eine "Zeugenungleichheit".
LSG: Kläger hat Aufklärung vereitelt
Nun wurde es dem SG zu bunt - es wies die Klage kurzerhand ab, weil eine "Heilungsbewährung" eingetreten sei. In der Berufung forderte der Kläger hilfsweise, einen von ihm benannten Arzt zum Sachverständigen zu bestellen (§ 109 SGG). Das lehnte das LSG Niedersachsen-Bremen jedoch ebenfalls ab: Der Antrag sei rechtsmissbräuchlich, weil der Behinderte eine weitere Aufklärung vereitelt und dadurch die Beweislast umgedreht habe.
BSG: Anwesenheit der Vertrauensperson darf Beweiserhebung nicht behindern
Das Bundessozialgericht urteilte nun, dass es einem zu Begutachtenden im Grundsatz frei stehe, eine Vertrauensperson zu seiner Untersuchung mitzunehmen. Ein Gericht könne jedoch deren Ausschluss anordnen, wenn ihre Anwesenheit im Einzelfall "eine geordnete, effektive oder unverfälschte Beweiserhebung erschwert oder verhindert". Differenzierungen zum Beispiel nach der Beziehung des Beteiligten zur Begleitperson, dem medizinischen Fachgebiet oder unterschiedlichen Phasen der Begutachtung seien dabei in Betracht zu ziehen.