Arbeitsplatzbewerberin bei Betriebsbesichtigung gesetzlich unfallversichert

Eine Arbeitsplatzbewerberin steht bei der Besichtigung des Unternehmens im Rahmen eines eintägigen unentgeltlichen "Kennenlern-Praktikums" unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies hat das Bundessozialgericht heute unter Verweis auf die Satzung der beklagten Berufsgenossenschaft entschieden, nach der die Teilnehmer einer Unternehmensbesichtigung unfallversichert seien.

Sturz während "Kennenlern-Praktikums"

Die arbeitsuchende Klägerin absolvierte bei einem Unternehmen ein unentgeltliches eintägiges "Kennenlern-Praktikum" auf der Grundlage einer "Kennenlern-/Praktikums-Vereinbarung" mit diesem Unternehmen. Während des "Kennenlern-Praktikums" fanden unter anderem Gespräche, eine Betriebsführung, ein fachlicher Austausch mit der IT-Abteilung und zum Abschluss die Besichtigung eines Hochregallagers statt. Bei der Besichtigung des Hochregallagers stürzte die Klägerin und brach sich den rechten Oberarm.

Unfallversicherungsschutz kraft Satzung

Anders als die beklagte Berufsgenossenschaft und die Vorinstanzen (LSG Bayern, BeckRS 2020, 33677 und SG Augsburg, BeckRS 2018, 54622) hat das BSG festgestellt, dass die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Unfalles Teilnehmerin einer Unternehmensbesichtigung gewesen. Teilnehmer einer Unternehmensbesichtigung seien nach der Satzung der beklagten Berufsgenossenschaft – im Unterschied zu Satzungen anderer Unfallversicherungsträger – unfallversichert.

Eigeninteresse der Bewerberin unschädlich

Das eigene – unversicherte – Interesse der Klägerin am Kennenlernen des potenziellen zukünftigen Arbeitgebers stehe dem Unfallversicherungsschutz kraft Satzung hier nicht entgegen, betont das BSG. Die Satzungsregelung der Beklagten sei nicht auf Personen beschränkt, deren Aufenthalt im Unternehmen ausschließlich der Besichtigung dient. Unternehmer sollen vielmehr umfassend von Haftungsrisiken befreit werden, die durch erhöhte Gefahren bei Unternehmensbesuchen entstehen können.

BSG, Entscheidung vom 31.03.2022 - B 2 U 13/20 R

Redaktion beck-aktuell, 31. März 2022.