Das BSG hat am Donnerstag die Revision der klagenden Bundesagentur für Arbeit zurückgewiesen (Az.: B 5 R 15/22 R). Vier ähnlich gelagerte Fälle waren durch Vergleich oder unstreitig erledigt worden. Konkret ging es in dem entschiedenen Fall um einen Mann, dem die Arbeitsagentur aufgrund seines Behinderungsgrads zunächst Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Arbeit in einer Behindertenwerkstatt gezahlt hatte. Später hatte der Rentenversicherer DRV Mitteldeutschland dem Mann rückwirkend eine Rente wegen Erwerbsminderung zugesprochen. Der Prognose seiner Ärzte nach konnte er nicht mehr ins Arbeitsleben integriert werden. Daraufhin wollte die Arbeitsagentur von dem Versicherer die Leistungen erstattet haben.
Die Bundesagentur für Arbeit hatte sich in ihrer Klage auf § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX berufen. Danach können sich zweitangegangene Träger, die aus ihrer Sicht in Vorleistung gegangen sind, die erbrachten Leistungen vom eigentlich zuständigen Rehabilitationsträger erstatten lassen. Denn nach Abs. 1 der Norm muss derjenige Träger, an den der Leistungsantrag weitergeleitet wurde, zunächst auch dann leisten, wenn er nicht zuständig ist. So sollen lange Wartezeiten wegen Zuständigkeitsstreitigkeiten für die Betroffenen vermieden werden. Dass im vorliegenden Fall die Rentenversicherung zuständig gewesen wäre, verneinte das BSG jedoch.
BSG: Rentenanspruch allein genügt nicht
Die Zuständigkeit der Rentenversicherung ergab sich nicht aus § 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, so das BSG. Nach dieser Vorschrift muss die Versicherung auch Teilhabeleistungen übernehmen, wenn die versicherte Person eine Rente wegen verminderter Erwerbstätigkeit bezieht. Das war nicht der Fall. Auch der Umstand, dass die Rente rückwirkend bewilligt worden war, ändere daran nichts, führt das Gericht aus. Die Rente müsse im Antragszeitpunkt tatsächlich gezahlt werden, das legten der Wortlaut der Bestimmung sowie der Zusammenhang mit den anderen Absätzen nahe.
Auch könne die Rentenversicherung nicht aufgrund von § 11 Abs. 2a Nr. 1 SGB VI zuständig sein. Die nachträglich eingefügte Norm sollte eine Lücke bei der Zuständigkeit der Rentenversicherer schließen. Sie besagt, dass die Rentenversicherung auch für Teilhabeleistungen aufkommen muss, wenn ohne diese Leistungen eine Rente zu leisten wäre.
Zwar hätte der Versicherte zu dem Zeitpunkt, zu dem er Teilhabeleistungen beantragte, bereits eine Erwerbsminderungsrente von der Beklagten beanspruchen können, führten die obersten Sozialrichter aus. Die Voraussetzungen der Norm seien aber nur erfüllt, wenn der betroffene Versicherte darüber hinaus durch die Teilhabeleistungen voraussichtlich zu einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (wieder) befähigt werden könne. Das ergebe sich schon aus dem Merkmal “ohne diese Leistung“, das andernfalls ohne Inhalt bleibe. Das sei hier aufgrund der ärztlichen Prognose aber nicht zu erwarten gewesen, daher bleibt die Arbeitsagentur auf ihren gezahlten Leistungen sitzen.
BSG überträgt Rechtsprechung aus medizinischer Rehabilitation
Das BSG hatte zu Fällen des § 11 Abs. 2a Nr. 1 SGB VI bisher noch nicht entschieden, wohl aber zu Fällen des § 11 Abs. 2a Nr. 2 SGB VI sowie im Bereich der medizinischen Rehabilitation. Der Senat überträgt insoweit seine Argumentation auch auf den vorliegenden Fall.