Krankenversicherung: Kostenerstattungsansprüche werden vererbt

Wer sich als gesetzlich Krankenversicherter nicht für das Sachleistungs-, sondern für das Kostenerstattungsprinzip entscheidet, vererbt im Todesfall auch seine Erstattungsansprüche gegen die Krankenkasse. Das BSG lehnt in diesen Fällen eine Anwendung des § 59 S. 2 SGB I ab. 

Ein gesetzlich versicherter Mann bezahlte seine medizinischen Behandlungen immer selbst und ließ sich später die Kosten von seiner Krankenkasse erstatten. 2019 ließ er sich gegen Rechnung in einem Krankenhaus untersuchen, wurde anschließend stationär aufgenommen und verstarb dann dort. Zu Lebzeiten hatte seine Krankenkasse ihn noch darüber informiert, dass die Kostenerstattung im stationären Bereich lediglich 30% der Fallpauschalen abdecke. Seine Erbin beantragte die Erstattung der Kosten in Höhe von rund 24.000 Euro vergeblich bei der Krankenkasse. Erst das LSG Baden-Württemberg gab ihrer Klage in Höhe von rund 7.000 Euro statt – das BSG (Urteil vom 25.06.20241 B KR 39/22 R) hielt diese Entscheidung. 

Der Tod lässt Kostenerstattungsansprüche nicht erlöschen

Der Ansicht der Krankenkasse, Ansprüche auf Geldleistungen nach § 13 Abs. 2 SGB V würden nach § 59 S. 2 SGB I mit dem Tod des Versicherten erlöschen, widersprach der BSG. Vielmehr seien sie nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Ehefrau als Erbin übergegangen. Selbst zum Zeitpunkt des Todes noch nicht fällige Erstattungsansprüche (ein Teil der Rechnungen war noch nicht beglichen) waren den Kasseler Richterinnen und Richtern zufolge bereits zu Anwartschaften erstarkt und als solche vererbbar.

Das BSG begründet das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz: Ansonsten käme zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung zwischen Versicherten, die – wie der Versicherte hier – die Kostenerstattung gewählt haben, und denen, die dem Sachleistungsgrundsatz unterliegen. Der Leistungserbringer erwerbe mit der medizinischen Behandlung seinen Vergütungsanspruch, sei es gegenüber der Krankenkasse oder gegenüber dem Versicherten. Der Eintritt des Todes vor Rechnungstellung oder deren Begleichung darf aufgrund seiner Zufälligkeit und der davon unabhängigen Beitragslast dem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegenstehen.

Die §§ 56, 58, 59 SGB I dürfen laut BSG auf die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V keine Anwendung finden, denn nach § 37 S. 1 SGB I gelten die Vorschriften des SGB I nur, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Ein Ausschluss der Rechtsnachfolge wäre ein nachträglicher Eingriff in eine bereits erworbene Rechtsposition. Dafür bildeten die §§ 56 ff. SGB I keine hinreichende Grundlage. 

BSG, Urteil vom 25.06.2024 - B 1 KR 39/22 R

Redaktion beck-aktuell, rw, 27. Juni 2024.