Britisches Unterhaus erteilt May Vollmacht für Brexit-Verhandlungen

Das britische Unterhaus hat Premierministerin Theresa May die Vollmacht übertragen, die Brexit-Verhandlungen einzuleiten. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am 08.02.2017 von den Abgeordneten mit 494 zu 122 Stimmen angenommen. Die Zustimmung des Oberhauses steht noch aus, sie gilt aber als sicher. Bis zum 07.03.2017 soll das Gesetz verabschiedet werden. Spätestens Ende März 2017 will May dann die Scheidung Großbritanniens von der EU einreichen.

Gesetzentwurf wurde nicht ergänzt

Die Regierung feierte den Ausgang der Abstimmung als "historisch". Oppositionspolitiker kritisierten, dass die Regierung alle Versuche abschmetterte, den Gesetzentwurf zu ergänzen. Sowohl eine Garantie für die Rechte der etwa drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien als auch ein Verzicht darauf, das Land zu einem Steuerparadies zu machen, lehnte die Regierungsfraktion ab.

Oppositionelle Labour-Fraktion stimmte überwiegend für Gesetz

Trotzdem stimmte die oppositionelle Labour-Fraktion überwiegend für das Gesetz. Labour-Chef Jeremy Corbyn hatte den Abgeordneten Fraktionszwang auferlegt. Nach der Abstimmung twitterte er: "Der echte Kampf beginnt jetzt. In den kommenden beiden Jahren wird Labour jede Möglichkeit nutzen, um sicherzustellen, dass der Brexit Jobs, den Lebensstandard und die Wirtschaft schützt."

Schottland will für sich Sonderstatus durchsetzen

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon antwortete prompt: "Wie? Sie haben den Tories gerade einen Blanko-Scheck ausgestellt. Sie haben kein einziges Zugeständnis bekommen und trotzdem für den Gesetzentwurf gestimmt. Erbärmlich." Die Mehrheit der schottischen Wähler hatte sich 2016 beim Brexit-Referendum für einen Verbleib in der EU ausgesprochen. Die Regierung in Edinburgh verlangt daher einen Sonderstatus für Schottland mit Verbleib im europäischen Binnenmarkt. Andernfalls droht sie mit einer weiteren Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands. Neben den Abgeordneten der schottischen Nationalpartei SNP versuchten Liberaldemokraten und Labour-Rebellen sich gegen das Gesetz zu stemmen. Darin heißt es: "Die Premierministerin darf die Absicht des Vereinigten Königreichs zum Austritt aus der EU, gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union, bekannt geben."

Zugeständnis an Parlament

Insgesamt fünf Tage hatten die Abgeordneten über den Gesetzentwurf beraten. Als einziges Zugeständnis kündigte die Regierung an, das Parlament werde am Ende der zweijährigen Verhandlungen mit der EU über das ausgehandelte Abkommen abstimmen können. Nachverhandlungen schloss die Regierung aber aus. Das Gesetz war notwendig, weil das höchste britische Gericht dem Parlament das letzte Wort über die Austrittserklärung zugesprochen hatte. Ursprünglich wollte die Regierung die Abgeordneten übergehen.

Redaktion beck-aktuell, 9. Februar 2017 (dpa).

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