Britische Innenministerin: Ruanda-Beschluss des EGMR war politisch motiviert

Die britische Innenministerin Priti Patel hat dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorgeworfen, den ersten britischen Flug nach Ruanda im Rahmen der neuen Asylpolitik aus politischen Motiven verhindert zu haben. "Wie sind sie zu dieser Entscheidung gekommen? War sie politisch? Ich bin der Ansicht, dass es so ist, absolut", sagte die konservative Politikerin der Zeitung "The Daily Telegraph" am Samstag.

EGMR hatte ersten Flug nach Ruanda verhindert

Die Regierung von Premierminister Boris Johnson will Menschen von der illegalen Einreise in kleinen Booten über den Ärmelkanal abhalten, indem sie ihnen den Zugang zu einem Asylverfahren in Großbritannien verweigert. Stattdessen sollen die Migranten nach Ruanda geschickt werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr ist nicht vorgesehen. Ein erster Flug nach Ruanda wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute durch eine einstweilige Verfügung verhindert. Patel kritisierte die Entscheidung als "undurchsichtig" und "skandalös". Sie legte nahe, London könne der Europäischen Menschenrechtskonvention den Rücken kehren. Großbritannien wäre damit das einzige europäische Land neben Russland und Belarus, das sich von der Konvention verabschiedet.

Menschenrechtskonvention unabhängig von Brexit

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Straßburg ist keine Institution der Europäischen Union. Stattdessen gehört er zum Europarat, wo auch Großbritannien bislang weiterhin Mitglied ist. Vor dem Gerichtshof können Menschen auf die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention gegen alle 46 Mitgliedsstaaten klagen. Johnson bestätigte am Samstag, an der Ruanda-Politik festhalten zu wollen. Zuvor hatte er Rechtsanwälten, die sich für Migranten einsetzen, vorgeworfen, Schlepperbanden "Beihilfe" zu leisten. Wie das Innenministerium am Samstag bestätigte, sollen illegale Einwanderer zudem versuchsweise mit elektronischen Fußfesseln versehen werden, um ein Abtauchen in den Untergrund zu verhindern.

Redaktion beck-aktuell, Britta Weichlein, 20. Juni 2022 (dpa).