BRAK zu Juristenausbildung: Mehr digitale Kompetenz und weniger Pflichtfachstoff

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat zu einer geplanten Änderung der Juristenausbildung in Nordrhein-Westfalen Stellung genommen. Darin stellt sie sich hinter die Aufnahme der digitalen Kompetenz als Studieninhalt und plädiert für eine weniger wissenschaftlich geprägte Ausbildung mit einer Honorierung der Teilnahme an (nationalen) Moot Courts. Sinnvoll sei auch eine Reduzierung des Pflichtfachstoffes.

Digitale Kompetenz erforderlich

Zur geplanten Aufnahme der digitalen Kompetenz als Studieninhalt führt die BRAK aus, digitale Technologien veränderten den Arbeitsalltag von Juristen. Diese Veränderungen müssten in der juristischen Ausbildung abgebildet werden.

Klausuren statt Hausarbeiten gefordert

Für die Zulassung zur ersten juristischen Staatsprüfung sollen künftig fünf bestandene Hausarbeiten verpflichtend sein, davon mindestens je eine im Zivilrecht, im öffentlichen Recht und im Strafrecht. Das beabsichtigte Festlegen von fünf Pflichthausarbeiten setzt nach Ansicht der BRAK einen falschen Schwerpunkt im Studium. Diese Verpflichtung sorge für eine starke wissenschaftliche Prägung. Da jedoch nur ein geringer Teil der Absolventen später die wissenschaftliche Laufbahn einschlage, sollte das Studium stärker das Klausurenschreiben in den Vordergrund stellen, um so bereits frühzeitig eine gute Vorbereitung auf die erste juristische Prüfung zu gewährleisten.

Honorierung der Teilnahme an Moot Courts begrüßt

Vor diesem Hintergrund stellt sich die BRAK hinter die Möglichkeit, die Anzahl der Hausarbeiten auf vier zu reduzieren, wenn an einer Verfahrenssimulation teilgenommen wurde. Warum diese jedoch in fremder Sprache erfolgen muss, erschließe sich nicht. Die Konsequenz wäre, dass die Teilnahme an einem Moot Court in deutscher Sprache damit keinen Anreiz mehr bietet. Moot Courts fänden regelmäßig bundesweit statt. Mit der geplanten Gesetzesänderung würde den Studierenden aus Nordrhein-Westfalen damit die Teilnahme an zahlreichen seit vielen Jahren etablierten Moot Courts faktisch abgeschnitten. Denn aufgrund des großen Zeitaufwandes für die Vorbereitung und die Teilnahme an einem Moot Court sei es unwahrscheinlich, dass ein Student an verschiedenen Wettbewerben teilnimmt.

Anknüpfung an Moot Court in fremder Sprache nicht sinnvoll

Aber auch umgekehrt würden den Moot Courts die nordrhein-westfälischen Studierenden fehlen, meint die BRAK. Dies würde mit einer Entwertung aller deutschsprachigen Moot Courts einhergehen. Moot Courts auch in deutscher Sprache seien sehr anspruchsvoll, mit einem zeitlich sehr intensiven Aufwand verbunden und sie vermittelten den teilnehmenden Studierenden vielfältige Kompetenzen. Nicht zu vernachlässigen seien die Kontakte, die bundesweit mit Kollegen geknüpft werden könnten. Vor dem Hintergrund, dass die Teilnahme an einem Moot Court eine Hausarbeit in deutscher Sprache ersetzen soll, sei nicht einzusehen, weshalb die Verfahrenssimulation in einer fremden Sprache erfolgen soll.

Möglichkeit des Abschichtens beibehalten

Die Abschaffung der Möglichkeit des sogenannten Abschichtens lehnt die BRAK als wenig sinnvoll ab. Es nehme Examenskandidaten die Möglichkeit, das Absolvieren der ersten juristischen Staatsprüfung nach ihrer persönlichen Lebenssituation zu planen. Diese Änderung sei nicht zeitgemäß, insbesondere vor dem Hintergrund der geplanten Einführung des Teilzeitreferendariats.

Reduzierung des Pflichtfachstoffes gewünscht

Die Reduzierung des Pflichtfachstoffes hält die BRAK für wünschenswert. Denn der Pflichtstoff habe in den letzten Jahren ein Ausmaß erreicht, der eine Bewältigung durch die Examenskandidaten teilweise als sehr problematisch erscheinen lasse, zumal oft nur ein sehr geringer Prozentsatz des Stoffes dann tatsächlich Teil der konkreten Examensdurchgänge sei. 

Mehr Basiswissen, weniger Europarecht

Sicherlich habe auch das Europarecht eine wichtige zukunftsträchtige Bedeutung. Dennoch werde der größte Teil der Absolventen kaum Berührungspunkte mit europarechtlichen Fragen im Rahmen ihrer ersten beruflichen Tätigkeit haben. Daher sollte dem Europarecht kein zu hoher Bedeutungsgrad beigemessen werden, fordert die BRAK. Viel wichtiger sei, dass die Kandidaten die Grundlagenfächer sicher beherrschen. Ausgestattet mit diesem Basiswissen erschlössen sich später alle weiteren Rechtsgebiete von selbst. Für das eigene Erschließen fremder Materien würden Juristen schließlich ausgebildet, unterstreicht die BRAK.

Ausgestaltung der Anwaltsstation abstimmen

Abschließend bittet die BRAK darum, die Ausgestaltung der Anwaltsstation eng mit den Rechtsanwaltskammern abzustimmen.

Redaktion beck-aktuell, 26. Oktober 2020.