BRAK und DAV nehmen zum Kostenrechtsänderungsgesetz Stellung

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßen die für 2021 geplante Anpassung der Rechtsanwaltsgebühren. Das Ziel des vorliegenden Referentenentwurfs, die anwaltliche Vergütung an die wirtschaftliche Entwicklung seit 2013 anzupassen, werde allerdings nicht vollständig erreicht, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Verbände vom August 2020.

Anpassung bleibt hinter Forderungen zurück

Wichtig sei, dass in dem Entwurf neben einer linearen Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung auch strukturelle Änderungen vorgenommen werden, um aufgetretene Fehlentwicklungen zu beseitigen. Dabei sei eine Reihe von Vorschlägen aufgegriffen worden, die DAV und BRAK in ihrem gemeinsamen Forderungskatalog im März 2018 unterbreitet hatten. Das Ziel, die anwaltliche Vergütung an die wirtschaftliche Entwicklung seit 2013 anzupassen und die gestiegenen Kosten für den Kanzleibetrieb auszugleichen, wird aus Sicht von DAV und BRAK allerdings nicht vollständig erreicht, insbesondere die allgemeine lineare Anpassung bleibe hinter den Forderungen zurück, so das Fazit der gemeinsamen Stellungnahme.

Zeitnahe Neuregelung gefordert

Die nicht aufgegriffenen Vorschläge für strukturelle Änderungen aus dem gemeinsamen Forderungskatalog halten beide Verbände auch nach wie vor für erforderlich. Allerdings sei es jetzt wichtig, dass das Gesetzgebungsverfahren zeitnah zum Abschluss gebracht werde und die Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung schnellstmöglich in Kraft trete. Eine angemessene gesetzliche Rechtsanwaltsvergütung sei notwendig, um den Zugang zum Recht sicherzustellen. Daher müsse auch im Auge behalten werden, dass zukünftig eine Anpassung – anders als bisher – in wesentlich kürzeren Anpassungszeiträumen erfolge, fordern BRAK und DAV.

Unklarheiten bei Streitverkündung beseitigen

Im Einzelnen bewerten DAV und BRAK viele der geplanten Änderungen im RVG positiv. Einige Kritikpunkte werden in der Stellungnahme dennoch aufgegriffen. Durch die im Referentenentwurf vorgeschlagene Ergänzung des § 19 Abs.1 Satz 2 RVG solle entsprechend der Begründung deutlich gemacht werden, dass lediglich die Verkündung des Streits selbst zu dem Rechtszug gehört, in dem der Streit verkündet werde und sonstige diesbezügliche anwaltliche Tätigkeiten gesonderte Gebühren auslösen können. Der Wortlaut der Regelung selbst kann allerdings nach Auffassung von BRAK und DAV in der Praxis als nicht eindeutig genug gewertet werden oder gar zu gegenteiligen Schlüssen führen. Des Weiteren gehe aus der Gesetzesbegründung nicht eindeutig genug hervor, dass der streitverkündende Rechtsanwalt zusätzliche Gebühren verdienen kann, für die er eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG beantragen kann. Um künftige Missverständnisse zu vermeiden, sollte die Begründung dahingehend ergänzt werden, fordern DAV und BRAK.

Klarstellung bei Mehrvergleichen angeregt

Hinsichtlich der beabsichtigten gebührenrechtlichen Gleichstellung von § 48 Abs. 1 und Abs. 3 RVG bei Mehrvergleichen werde angeregt, klarstellend in Nr. 1003 Abs. 1 VV RVG den Klammerzusatz (§ 48 Abs. 3 RVG) um Abs. 1 zu ergänzen. Moniert wird in der Stellungnahme zudem die geplante Änderung der Formulierung des § 48 Abs. 3 1. Hs. RVG. Um etwaige auftretende Irritationen zu vermeiden, ob mit der Umformulierung der Vorschrift ggf. auch eine Änderung der Rechtslage zu der erstattungspflichtigen Vergütung einhergehen soll, werde angeregt, es bei dem derzeitigen Wortlaut der Vorschrift zu belassen und lediglich den Versorgungsausgleich zu ergänzen.

Vergleich durch Erklärung zu Protokoll

Die Ergänzung des Gebührentatbestandes um die Fälle, in denen ein Vergleich durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht entsprechend § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG, § 106 Satz 2 VwGO angenommen wird, solle die prozessualen Besonderheiten des SGG und der VwGO für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs auch ins Gebührenrecht übernehmen. Der vorgeschlagene Wortlaut bleibe aber teilweise dahinter zurück. Die Beteiligten könnten den in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters nicht nur durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung, sondern auch schriftlich gegenüber dem Gericht annehmen.

Kritik an Begrenzung der Vergütung für den Zeugenbeistand

Der Änderung der Vorb. 5 Abs. 1 VV RVG-E (Art. 6 Abs. 2 Nr. 90) werde, soweit damit die Vergütung für den Zeugenbeistand beschränkt werden soll, energisch widersprochen. Der Ersatz einer Vergütung wie für eine Einzeltätigkeit entspreche nicht dem tatsächlichen Tätigkeitsumfang des Zeugenbeistands. Dieser werde in der Regel nicht nur unmittelbar während der Dauer der Vernehmung tätig, sondern oft von der Erstberatung über die Ermittlung der Vernehmungsinhalte, gegebenenfalls die Akteneinsicht beim Opferzeugen, die Vorbereitung des Termins, die Begleitung im Termin bis zur abschließenden Beratung und gegebenenfalls auch Vertretung bei Anträgen des Zeugen auf Schutzeinrichtungen (z.B. Information über Entlassungen, Ausgänge etc.). Eine Vergütung als Einzeltätigkeit werde der Bedeutung des Zeugenbeistands für den Zeugen und das Verfahren nicht gerecht. Insofern halten es DAV und BRAK für erforderlich, eine Vergütungsregelung für die Zeugenbeistandsleistung eines Rechtsanwalts, der nach § 68b StPO beigeordnet ist, in das RVG aufzunehmen. Sie hatten zuvor bereits eine entsprechende Ergänzung des § 48 RVG vorgeschlagen. Die Begründung zur Änderung geht dazu vollkommen konträr und verschlechtert die Position des Zeugenbeistands noch zusätzlich.

Änderungen im GKG

Die Herabsetzung des Gegenstandswertes für Mietminderungsklagen auf den Jahresbetrag ist nach Ansicht von BRAK und DAV abzulehnen. Die Verfahren seien häufig umfangreich, insbesondere bei Beweisaufnahmen. BRAK und DAV sehen dagegen die vorgeschlagene Anhebung des Verfahrenswertes in isolierten Kindschaftssachen von 3.000 auf 4.000 Euro als einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sei eine Angleichung an den sonst in den Kostengesetzen üblichen Auffangwert von 5.000 Euro (wie beispielsweise in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG) und eine Berücksichtigung pro Kind dringend notwendig, um in einem für die betroffenen Kinder so existenziellen Bereich wie der Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts die kostendeckende Bearbeitung durch Rechtsanwälte, die die wohlverstandenen Interessen der Kinder wahrnehmen, zu gewährleisten. Auch ein Wert von 4.000 Euro, insbesondere wenn dieser auch für mehrere Kinder gilt, werde der Wertigkeit der Kinder in der Gesellschaft nicht gerecht.

Ergänzung des § 50 FamGKG

Mit Bedauern hätten BRAK und DAV zur Kenntnis genommen, dass der Referentenentwurf keine Ergänzung des § 50 FamGKG für die nach dem Wegfall des § 5 VAHRG erforderlichen Verfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG enthält. Anpassungsverfahren wegen Unterhalt seien nach § 217 FamFG Versorgungsausgleichssachen und würden nach § 50 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. FamGKG bewertet, obwohl in diesen eine Inzidentprüfung des auf den strittigen Kürzungsbetrag entfallenden Unterhalts stattfindet. Dies führe dazu, dass der Verfahrenswert in den überwiegenden Fällen nur auf den Mindestwert von 1.000 Euro festgelegt werde. Eine solche Wertbemessung sei im Hinblick auf die Bedeutung, den Umfang und den Aufwand jedoch nicht sachgerecht.

Redaktion beck-aktuell, 21. August 2020.