Podiumsdiskussion zeigt unterschiedliche Meinungen zu EU-Verbandsklagen

Die Auffassungen zum Thema EU-Verbandsklage sind sehr unterschiedlich. Dies ist das Ergebnis einer Podiumsdiskussion, die am 05.11.2018 in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union in Brüssel stattfand. Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen Peter Biesenbach (CDU) und der Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer Ulrich Wessels diskutierten mit verschiedenen Experten den Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission, der dem Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher dienen soll. Ziel des Vorschlages ist es, illegale Geschäftspraktiken effizient zu unterbinden und zu sanktionieren.

Angebot der Kommission aus Sicht eines deutschen Zivilrechtlers toxisch

Als kritische Punkte nannte Biesenbach unter anderem das fehlende Mindestquorum, den Verzicht auf einen verbindlichen Opt-In-Mechanismus und die Anforderungen an die "Qualifizierung" der klagebefugten Einrichtungen. Das Angebot der Kommission könne man aus Sicht eines deutschen Zivilrechtlers daher als toxisch bezeichnen.

Jour-Schröder: Komplexes Thema

Alexandra Jour-Schröder, stellvertretene Generaldirektorin Justiz und Verbraucher, verteidigte den Vorschlag. Die Ausgestaltung der Verbandsklagen stelle ein sehr komplexes Thema dar. "Dies darf aber nicht dazu führen, dass wir das Thema nicht anfassen und auf die lange Bank schieben", sagte Jour-Schröder.

Schulze-Althoff fordert mehr Schutzmechanismen

Lydia Schulze-Althoff, Syndikusrechtsanwältin bei der Bayer AG, sieht den Vorschlag eher kritisch. Die Sammelklagen in den USA machen ihrer Auffassung nach durchaus Sinn. Dort stünden aber vor allem die finanziellen Interessen Dritter im Vordergrund. "Wir brauchen deshalb mehr Schutzmechanismen."

Wessels moniert fehlende Vereinheitlichung

Wessels sieht Probleme in der fehlenden Vereinheitlichung. Nach dem Vorschlag bleibe es den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, ob sie bei Schadensersatzklagen eine sogenannte Opt-In-Lösung fordern, bei der jeweils ein Mandat einzelner Verbraucher notwendig ist. Er fordert, dass die Kommission selbst eine Entscheidung trifft und sich festlegt. "Man muss die Betroffenen identifizieren können. Nur so lassen sich Missbrauch und Forum Shopping effektiv verhindern. Ohne Opt-In schütze ich nicht mehr den Verbraucher, sondern ein vermeintliches Allgemeininteresse, das sich nicht mehr konkretisieren lässt." Er bedauert auch die fehlende Klagebefugnis von Rechtsanwälten. Der Vorschlag gehe nicht weit genug. Neben den qualifizierten Einrichtungen müsse auch der Anwaltschaft eine aktivere Rolle zugestanden werden.

Redaktion beck-aktuell, 8. November 2018.

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