BRAK: "Mobile Arbeit-Gesetz" löst Praxisprobleme nicht

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat zum geplanten "Mobile Arbeit-Gesetz" Stellung genommen und dessen grundsätzliches Ziel, die Flexibilisierung des Arbeitsorts einer gesetzlichen Regelung zuzuführen, begrüßt. Allerdings sieht die BRAK für den vorgelegten Gesetzentwurf in seiner jetzigen Ausgestaltung keinen Bedarf. Er löse kein einziges der Praxisprobleme.

Praxisprobleme bleiben unbeantwortet

So beschränkt sich der Entwurf laut BRAK im Wesentlichen auf die Regelung eines Verfahrens zur Vereinbarung oder einseitigen Durchsetzung eines vom bisherigen Erfüllungsort abweichenden Arbeitsorts. Darüber hinausgehende und für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses wesentliche Fragen lasse der Entwurf dagegen offen. Er sei zudem an zentralen Stellen unklar. Im wichtigen Bereich des Arbeitsschutzes seien ausschließlich Regelungen zur Arbeitszeiterfassung in § 112 GewO-E vorgesehen. Die Auswirkungen der Arbeit von mobilen Arbeitsorten, einschließlich Homeoffice, auf die nach dem ArbZG geltenden Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhepausen würden dagegen nicht adressiert, moniert die BRAK. Bestehende praktische Konflikte bei der Einhaltung von Arbeitszeiten durch zeitversetztes Arbeiten in mobiler Form würden damit in keiner Weise gelöst. Dies führe unweigerlich zu Konflikten mit dem in der Gesetzesbegründung genannten Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu fördern.

Auch detaillierte Regelungen zu Kostentragung vermisst

Unberücksichtigt bleiben laut BRAK im Gesetzentwurf auch Regelungen zu Ausstattung und Kostentragung des Homeoffice/mobilen Arbeitsplatzes. Die strittigen Fragen, ob oder inwieweit die Kosten des Homeoffice erstattet werden müssen oder mit dem Gehalt abgegolten sein können, blieben weiter offen. Dabei sei sehr erheblich, ob dem Arbeitnehmer für die Einrichtung des Homeoffice auch die entsprechende Ausstattung (Handy, Laptop, Büroeinrichtung) gestellt werden muss und sogar Kosten wie Miete, Strom, Internet erstattet werden müssen. Das Gesetz schaffe damit für den Rechtsanwender keinerlei Mehrwert gegenüber der jetzigen Rechtslage, so die BRAK.

Problematik des Arbeits- und Gesundheitsschutzes nicht gelöst

Ebenso unberücksichtigt lasse der Referentenentwurf Regelungen zum Schutz von Unternehmensinformationen und zur Durchsetzung von Kontrollaufgaben beim mobilen Arbeiten. Die rechtlichen und praktischen Probleme der Überwachung und Einhaltung des Arbeitsschutzes bei mobiler Arbeit würden durch das Gesetz nicht gelöst. Diese Probleme gölten umso mehr, wenn das mobile Arbeiten an mehreren, wechselnden Orten stattfindet, die der Arbeitnehmer wählt. Stattdessen werde dem Arbeitgeber in § 111 Abs. 5 GewO-E noch die zusätzliche Pflicht auferlegt, den Arbeitnehmer zu informieren, wie seine Sicherheit und Gesundheit gewährleistet wird. Hier stelle sich die Frage, ob sich der Arbeitgeber etwa vor dem Abschluss eines Homeoffice-Vertrages über die örtlichen Arbeitsschutzgegebenheiten beim Arbeitnehmer vor Ort einen Überblick verschaffen soll. Eine solche Pflicht sei auch beim mobilen Arbeiten in der Bahn oder dem Flugzeug fraglich. Die BRAK bezweifelt, dass eine Pflichtendelegation im Arbeits- und Gesundheitsschutz überhaupt noch möglich ist.

Verhältnis zum Direktionsrecht des Arbeitgebers bleibt unklar

Unklar bleibe auch das Verhältnis zum Direktionsrecht des Arbeitgebers. Müsse sich der Arbeitgeber ausdrücklich vorbehalten, den Arbeitnehmer, zum Beispiel zu Besprechungen, in den Betrieb "einzubestellen"?, fragt die BRAK. Und sei das Direktionsrecht suspendiert? Zudem stelle sich die Frage, ob § 111 Abs. 6 GewO-E lex specialis zu einer Änderungskündigung ist. Oder könnten Arbeitnehmer oder Arbeitgeber zum Zweck der kurzfristigeren Beendigung des mobilen Arbeitens eine außerordentliche beziehungsweise eine ordentliche Änderungskündigung aussprechen? Im Übrigen sei das Verfahren zur Durchsetzung des Wunsches nach mobiler Arbeit aus § 111 Abs. 1 bis 4 GewO-E in Grundzügen den Vorschriften zur Durchsetzung eines zeitlich nicht begrenzten Teilzeitverlangens gemäß § 8 TzBfG nachgebildet. Dabei bleibe es an einigen Stellen hinter den Vorgaben des § 8 TzBfG zurück, gehe an anderen darüber hinaus. Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung und Rechtsunsicherheiten, die sich in der Anwendung des § 8 TzBfG stellen, würden sich entsprechend auch bei Anwendung des § 111 Abs. 1 bis 4 GewO-E stellen.

Redaktion beck-aktuell, 23. Dezember 2020.