Besserer Schutz für vertrauliche Mandanteninformationen
§ 43a Abs. 4 Satz 1 BRAO-E solle künftig zwei Alternativen anwaltlicher Tätigkeitsverbot enthalten, erläutert die BRAK in ihrer Stellungnahme: Die in § 43a Abs. 4 Satz 1 Ziff. 1 BRAO-E vorgesehene Regelung zur Vorbefassung in derselben Rechtssache entspricht laut BRAK im Wesentlichen dem geltenden Recht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 1. Alt BORA). Neu aufgenommen werden solle ein § 43a Abs. 4 Ziff. 2 BRAO mit der genannten Regelung. Das Tätigkeitsverbot soll vertrauliche Informationen schützen, die der Rechtsanwalt im Rahmen eines Mandatsverhältnisses erhalten hat. Die Entwurfsbegründung stellt dazu fest, dass die Ausweitung des Verbots den Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Rechtsanwalt und Mandant verbessere und eine der Kernpflichten der Rechtsanwaltschaft stärke.
BRAK hält Neuregelung für verfehlt
Die BRAK hält das vorgesehene neue Tätigkeitsverbot des § 43a Abs. 4 Ziff. 2 BRAO-E für verfehlt. Es führe als "Einzelbaustein" eine dem deutschen Recht fremde Konzeption des angelsächsischen Rechtskreises (den Besitz von "relevant confidential information") in die Prävarikationsregeln ein und knüpfe hieran in weit reichender Weise ein striktes Tätigkeitsverbot für den Rechtsanwalt. Dies begegne in grundsätzlicher wie auch in praktischer Hinsicht durchgreifenden Bedenken.
Verweis auf bestehende Berufspflicht zu Verschwiegenheit
So stellt die BRAK zunächst fest, dass das neue Tätigkeitsverbot an die dem Rechtsanwalt in einem Mandat bekannt gewordenen Informationen anknüpft und dass die Vertraulichkeit solcher Informationen durch die Berufspflicht zur Verschwiegenheit umfassend und in den Grenzen des § 203 Abs. 1 Ziff. 3 StGB strafbewehrt geschützt wird.
Erhebliche Vorverlagerung des Schutzes
Weiter weist die BRAK darauf hin, dass das vorgesehene neue Tätigkeitsverbot eine erhebliche Vorverlagerung des Schutzes der Vertraulichkeit mandatsbezogener Informationen darstelle: Der Rechtsanwalt dürfe schon nicht tätig werden, wenn ihm aus einem früheren Mandat eine Information bekannt geworden ist, deren Verwendung in der (neuen) Rechtssache im Widerspruch zu den Interessen des früheren Mandanten stehen könnte. Angeknüpft werde hiernach an eine abstrakte Gefahrenlage. Damit verlasse der Entwurf die bisherige Grundkonzeption des Tätigkeitsverbots des § 3 Abs.1 1. Alt BORA.
Widerspruch zu gesetzlichem Leitbild des Rechtsanwaltsberufs
Dem Entwurf liegt laut BRAK im Kern ein Verständnis zugrunde, das den Rechtsanwalt als abstrakte Gefahrenquelle für die vertraulichen Mandanteninformationen begreift, gegen die der Mandant mit seinen Interessen durch ein Tätigkeitsverbot für den Rechtsanwalt in späteren Mandaten abgeschirmt werden muss. Ein solches Verständnis entspreche weder dem gesetzlichen Leitbild des Rechtsanwaltsberufs noch der Wirklichkeit der anwaltlichen Berufsausübung, betont die BRAK.
Widerspruch zu Berufsbild des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege
Der vom Gesetzgeber gesehene Regelungsbedarf für diese umfassende Vorverlagerung des Tätigkeitsverbots hat laut BRAK die Erwartung zum Ausgangspunkt, dass der Rechtsanwalt seine Berufspflichten verletzt und sich selbst von der Strafbewehrung in den §§ 203, 356 StGB (Geheimnis- beziehungsweise Parteiverrat) nicht erreichen lässt. Das aber widerspreche diametral dem Berufsbild des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, so die BRAK. Nach dieser könne im Grundsatz davon ausgegangen werden, dass ein Rechtsanwalt seine Verschwiegenheitspflicht einhält.
BRAK: Entwurf schießt weit über sein Ziel hinaus
Infolge der Entwurfsregelung dürfe ein Rechtsanwalt ein späteres Mandat selbst dann nicht annehmen beziehungsweise fortführen, wenn er – in Beachtung seiner beruflichen Pflichten – gar nicht die Absicht oder auch nur die Bereitschaft besitzt, diese Information bei der Bearbeitung des späteren Mandates zu verwenden. "Mit dieser Folge schießt der Entwurf weit über sein Ziel hinaus und auch in der konkreten Praxis der Mandatsführung wird das neue Tätigkeitsverbot zu erheblichen (und unnötigen) Konsequenzen führen."
Unbestimmte Rechtsbegriffe und Auslegungsprobleme
Auch auf gesetzestechnische Probleme verweist die BRAK in ihrer Stellungnahme. Die neue Vorschrift enthalte diverse unbestimmte Rechtsbegriffe ("in Ausübung des Berufs", "für die Rechtssache von Bedeutung", "vertrauliche Information", "in Widerspruch stehen") und zusätzlich prognostische beziehungsweise konditionale Elemente ("deren Verwendung in Widerspruch (…) stehen würde"), die erhebliche Auslegungsschwierigkeiten mit sich brächten. Die Häufung der erhebliche Auslegungsschwierigkeiten bewirkenden Tatbestandselemente führe dazu, dass die Vorschrift überaus unbestimmt sei. Insgesamt sei der Entwurf zur neuen Verbotsregelung nicht akzeptabel.