BRAK: Rechtsuchender sollte im Fokus stehen
Der Pakt für den Rechtsstaat habe mit allen beschlossenen und angedachten Maßnahmen in allererster Linie dem Rechtsuchenden zu dienen, fährt die BRAK fort. Dieser sollte im Fokus einer Neuauflage des Paktes stehen. Alle Maßnahmen müssten die Funktionsfähigkeit im Interesse aller Rechtsuchenden garantieren und den Rechtsstaat für die Zukunft krisensicher machen.
Ursprünglicher Pakt läuft Ende 2021 aus
Anfang 2019 hätten Bund und Länder den sogenannten Pakt für den Rechtsstaat geschlossen. Ziel sei es unter anderem gewesen, die Personalausstattung in der Justiz zu verbessern, um den Rechtsstaat zu stärken. Dafür sollten insgesamt 2.000 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte (zuzüglich des dafür notwendigen Personals für den nicht-richterlichen und nicht-staatsanwaltlichen Bereich) geschaffen und besetzt werden. Dieser ursprüngliche Pakt laufe Ende 2021 aus, so die BRAK.
Nichtrichterliches Personal nicht ausreichend aufgestockt
Bislang seien die Vereinbarungen jedoch nicht vollständig umgesetzt worden. Während für Richter und Staatsanwälte Stellen geschaffen und auch überwiegend besetzt worden seien, lägen im Bereich des nicht-richterlichen Personals erhebliche Einstellungsdefizite vor. Dies schwäche die Arbeit der Gerichte. Aus Sicht der BRAK gehen die bisher umgesetzten Maßnahmen nicht weit genug. Denn mit dem Pakt für den Rechtsstaat hätten Bund und Länder sich bislang vor allem auf die Personalausstattung der Justiz konzentriert. Dies sei ein wichtiger Schritt, aber nicht annähernd weit genug.
Anwaltschaft bei Neuauflage des Pakts einzubeziehen
Bereits 2019 habe die BRAK scharf kritisiert, dass die Anwaltschaft nicht in den Pakt für den Rechtsstaat einbezogen wurde. Recht und Rechtsdurchsetzung setze eine starke Anwaltschaft voraus. Rechtsanwälte erfüllten als Organe der Rechtspflege eine elementare Funktion im Rechtsstaat. Die BRAK setzt sich dafür ein, dass, wenn Anfang 2022 eine Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat in Kraft trete, die Anwaltschaft bereits bei den Verhandlungen und der Vereinbarung des Pakts für den Rechtsstaat auf politischer und administrativer Ebene einbezogen und die Anwaltschaft ausdrücklich und sachgerecht im Pakt für den Rechtsstaat berücksichtigt werde. Der weiterhin erforderliche Personalaufbau in der Justiz solle fortgesetzt werden und die Justiz flächendeckend eine auf neustem Stand der Technik befindliche Ausstattung erhalten.
Kein Rückzug des Rechtsstaates aus der Fläche
Im Kern bedeute dies, dass der Rechtsstaat Präsenz zeigen müsse. Der Zugang zum Recht müsse auch in der Fläche möglich sein. Dies setze die Einbindung der Anwaltschaft in Strukturprozesse und keinen weiteren Abbau von Gerichten voraus. Ohne die Beteiligung der Anwaltschaft sei eine Verwirklichung rechtsstaatlicher Verfahren nicht gewährleistet.
Rahmenbedingungen für Rechtsanwälte sichern
Es gelte, die Rahmenbedingungen zu sichern, damit die Anwaltschaft ihrem Auftrag als Organ der Rechtspflege nachkommen kann. Dazu gehörten die Sicherung des anwaltlichen Nachwuchses, das Absehen von weiteren Sparmaßnahmen in der universitären Ausbildung, Berufsbezug im Studium und Auskömmlichkeit, das heißt regelmäßige Erhöhung der RVG-Gebühren. Denn die letzte RVG-Reform habe keine RVG-Erhöhung enthalten, sondern nur eine moderate und längst überfällige Anpassung an die wirtschaftlichen Gegebenheiten, so die BRAK. Gleichzeitig bedürfe es eines klaren Bekenntnisses zur Gewährung von Prozess-/Verfahrenskosten- und Beratungshilfe. Gerichtskosten müssten stabil bleiben.
Mandatsgeheimnis streng zu erhalten
Insbesondere das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant sei Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips, betont die BRAK. Das Mandatsgeheimnis dürfe deswegen nicht durch Befugnisse der Datenschutzaufsichts- und Finanzbehörden, der Geldwäscheaufsicht und im Rahmen der Strafverfolgung ausgehöhlt werden. Die Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant müsse streng vertraulich bleiben.
Vereinbarung eines Digitalpakts erforderlich
Nach Ansicht der BRAK muss zur Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat auch ein Digitalpakt gehören. Die Zukunft sei digital – auch die Zukunft des Rechtsstaates und mithin die der Justiz, Anwaltschaft und der Rechtsberatung allgemein. Dies verlange, dass technische Ausstattung und digitale Erreichbarkeit bundesweit auf höchstem Niveau gewährleistet sind. Allerdings dürfe es keine Verkürzung beim Zugang zum Recht geben. Digitalisierung dürfe nicht zu einer Ersetzung anwaltlicher Beratung und Vertretung in Verfahren bei Gerichten und Behörden führen. Verfahrensgrundsätze müssten gesichert bleiben. Die Digitalisierung, die Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Justiz müsse sich an die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit halten. Darüber hinaus seien Verfahrensordnungen an die technischen digitalen Entwicklungen anzupassen.
Sicherung einer staatsfernen, unabhängigen Selbstverwaltung
Weiter gelte es, eine staatsferne und unabhängige anwaltliche Selbstverwaltung zu sichern. Die anwaltliche Selbstverwaltung sei weder Selbstzweck noch rein funktionale Selbstverwaltung, sondern diene der Sicherung der freien Berufsausübung zur Durchsetzung des Rechtsstaatsprinzips. Selbstverwaltung bedeute Distanz vom Staat. Diese Staatsferne sei ein unabdingbarer Garant für die Sicherung anwaltlicher Unabhängigkeit. Der deutsche Rechtsstaat sei so konzipiert, dass die freie Advokatur für sein Funktionieren von entscheidender Bedeutung ist. Denn nur die Unabhängigkeit des Rechtsanwaltes gewährleiste, dass er gleichrangig und gleichberechtigt neben den anderen Organen der Rechtspflege seine Aufgaben im Rechtsstaat erfüllen kann. Die Sicherung dieser anwaltlichen Unabhängigkeit sei eine der wesentlichen Aufgaben der Rechtsanwaltskammern. Als Selbstverwaltungsorgane seien sie staatsferne Kontrollinstanzen über die Rechtsanwaltschaft – in Verantwortung gegenüber den Berufskollegen und den rechtsuchenden Bürgern.
Anwaltschaft bei Gesetzgebungsverfahren frühzeitig zu beteiligen
Schließlich fordert die BRAK eine frühzeitige Beteiligung der Rechtsanwaltschaft an Gesetzgebungsverfahren. Dies gewährleiste eine effektive und transparente Gesetzgebung, erhöhe die Qualität der Gesetzestexte – und damit zugleich der Akzeptanz in der Bevölkerung – und diene der Verwirklichung des Rechtsstaates.