BRAK bekräftigt Forderungen zur Sicherung des Rechtsstaats
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Die Bundesrechtsanwaltskammer hat mit Blick auf die Sicherung und Stärkung des Rechtsstaats nach einer Umfrage in der Anwaltschaft ein Positionspapier erarbeitet und darin Forderungen an die Politik zu einer krisensicheren Gestaltung des Rechtsstaats erhoben. In Anbetracht der Corona-Krise mit stetig steigenden Infektionszahlen appelliert die BRAK nochmals nachdrücklich, die Arbeitsfähigkeit der Gerichte zu erhalten.

Justiz ist nicht auf den Umgang mit Pandemie vorbereitet

Eine im September von der BRAK durchgeführte zweite Umfrage in der Anwaltschaft unter der Überschrift "Rechtsstaat 2.0 – stark & zukunftssicher – Nur ein transparenter Rechtsstaat ist ein starker Rechtsstaat" hat noch einmal deutlich gemacht, dass die Justiz nicht auf den Umgang mit einer Pandemie vorbereitet war. 47,21% der Befragten gaben an, dass es zu Verfahrensverzögerungen von durchschnittlich mehr als 8 Wochen gekommen sei. 2% nannten Verzögerungen von bis zu 2 Wochen, 12,32% von bis zu 4 Wochen, 27,35% von bis zu 8 Wochen. Lediglich 11,12% gaben an, keine Verzögerungen wahrgenommen zu haben.

Justizgewährungsanspruch bei einigen Gerichtsbarkeiten in Gefahr

Die Auswertung zeigte laut BRAK zudem, dass einige Gerichtsbarkeiten besonders stark betroffen waren. Die Befragten meldeten die drastischsten Verzögerungen (mehr als 8 Wochen) im Strafrecht (58,14%), Sozialrecht (56,73%), Straßenverkehrsrecht (52,67%), Mietrecht (52,41%), Familienrecht (52,93%) und Erbrecht (51,53%). Michael Then, Schatzmeister der BRAK und Vorsitzender der Arbeitsgruppe “Sicherung des Rechtsstaats“ sieht den Justizgewährungsanspruch von Bürgerinnen und Bürgern in Gefahr: “Die Krise hat dazu geführt, dass viele Verhandlungen vertagt und Verfahrensverzögerungen eingetreten sind. Zu Beginn der Krise war dies sicher nur bedingt vermeidbar. Wir alle mussten uns erst auf die Pandemie einstellen und mit ihr umzugehen lernen. Die Gewöhnungsphase ist nun aber vorbei. Eine mögliche zweite Welle darf nicht erneut zu derartigen Beschränkungen des Zugangs zum Recht führen, wie wir sie bereits erlebt haben!“

BRAK-Präsident Wessels sieht dringenden Handlungsbedarf

Auch BRAK-Präsident Ulrich Wessels sieht dringenden Handlungsbedarf: “Wir müssen die Arbeitsfähigkeit der Gerichte und Behörden auch bei steigenden Infektionszahlen unbedingt sicherstellen." Der zwingend notwendige Gesundheitsschutz dürfe nicht zu einem Stillstand der Rechtspflege führen. Verfahrensverzögerungen von mehr als 8 Wochen seien für Rechtssuchende nicht hinnehmbar – auch nicht in einer Krise. "Wir erwarten daher von der Rechtspolitik auf Bund- und Länderebene, die technische Ausstattung der Gerichte zu verbessern sowie flächendeckende Hygienekonzepte für die Justiz zu erarbeiten", so Wessels weiter.

"Unser Rechtsstaat darf nicht an Corona erkranken!"

"Der Gerichtsbetrieb ist sicherzustellen. Von den Gerichten selbst erwarten wir eine Verbesserung des Verfahrensmanagements – und zwar schon beginnend bei der Terminsvorbereitung. Gerichte und Anwälte müssen mehr miteinander kommunizieren und die telefonischen und digitalen Möglichkeiten ausschöpfen, die bestehen“, so Wessels weiter. In der Krise seien alle gefragt. Politik, Justiz und Anwaltschaft müssten ihren Beitrag leisten und zusammenarbeiten, um die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats zu erhalten. "Unser Rechtsstaat darf nicht an Corona erkranken!“, bekräftigt Wessels.

Redaktion beck-aktuell, 20. Oktober 2020.