Bosnien-Beauftragter Schmidt greift in Regierungsbildung ein

Der internationale Repräsentant in Bosnien-Herzegowina, der Deutsche Christian Schmidt, hat in die Regierungsbildung im bosniakisch-kroatischen Landesteil eingegriffen. Er legte via Erklärung fest, dass die neue vorgeschlagene Regierung trotz aller Einsprüche als designiert zu gelten habe. Demnach kann das Parlament nun den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei (SDP), Nermin Niksic, zum Ministerpräsidenten zu wählen.

Wahlgesetz zugunsten von Nationalisten geändert

In letz­ter Zeit hat sich die Kri­tik an Schmidts kon­kre­ter Amts­füh­rung, aber auch an den grund­sätz­li­chen Be­fug­nis­sen des Amtes ge­mehrt. Bosnien-Herzegowina ist seit Ende des Kriegs 1992-1995 in die Landesteile Föderation Bosnien und Herzegowina (FBiH) und Serbische Republik aufgeteilt, die weitgehende Autonomie genießen. Mit seinem Machtwort löste Schmidt nun eine Blockade auf, die er durch umstrittene Änderungen der Verfassung und Wahlordnung im vergangenen Oktober selbst heraufbeschworen hatte. Aufgrund dieser komplexen Mechanismen erhielten Vertreter nationalistischer Parteien ein größeres Gewicht in den Gremien, die über den Ministerpräsidenten bestimmen. So konnte der bosniakische Vizepräsident der FBiH, Rafik Lendo von der nationalistischen SDA, den von der FBiH-Präsidentin Lidija Bradara vorgeschlagenen Kandidaten für den Ministerpräsidentenposten blockieren. Bradara kommt aus der nationalistisch-kroatischen HDZ.

SDP-Vorsitzender kann zum Ministerpräsidenten gewählt werden

Nach dem Machtwort Schmidts ist nun der Weg für das FBiH-Parlament frei, den Vorsitzenden der nicht-nationalistischen SDP, Nermin Niksic, zum Ministerpräsidenten zu wählen. Dies soll Medien zufolge bereits an diesem Freitag geschehen. Schmidt, ehemaliger deutscher Landwirtschaftsminister, bekleidet das Amt des Hohen Repräsentanten seit mehr als anderthalb Jahren. Es war nach Ende des Bosnien-Kriegs geschaffen worden. Der Repräsentant soll über die Einhaltung des Friedensvertrags wachen und kann dabei auch Gesetze erlassen und aufheben sowie bosnische Amtsträger absetzen.

Redaktion beck-aktuell, 28. April 2023 (dpa).

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