Um den Wohnungsbau in Ballungszentren anzukurbeln, sollen die Regeln für die Errichtung von Wohngebäuden entschlackt werden. Das sieht der Entwurf für ein "Gesetz zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus" vor, den die Bundesregierung am Mittwoch beschlossen hat. Zu diesem Zweck soll das Bauvertragsrecht im BGB geändert werden.
Mit dem sogenannten Gebäudetyp-E-Gesetz soll es für Architektinnen und Architekten sowie für Bauherren einfacher werden, beim Neubau auf die Einhaltung bestimmter Komfort-Standards zu verzichten, die für die Sicherheit des Gebäudes – also etwa Brandschutz oder Statik – irrelevant sind. Das kann etwa die Raumhöhe betreffen, die Zahl der Steckdosen im Wohnzimmer, die Art der Fenster oder die Frage, welche Norm-Innentemperatur in einem Badezimmer erreicht wird. Die geplante Gesetzesänderung soll nicht nur den Neubau betreffen, sondern auch Umbauten. Laut BMJ, das den Entwurf eingebracht hat, sollen dadurch jährlich acht Milliarden Euro Baukosten eingespart werden.
"Bauen in Deutschland ist zu teuer. Das ist ein wesentlicher Grund für den Wohnungsmangel. Die Kosten müssen also runter – insbesondere beim Neubau von Wohnungen", erläuterte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Gutes Wohnen hänge nicht davon ab, "dass jede existierende DIN-Norm eingehalten ist". Das Gesetz sei in engem Austausch mit Architektenschaft und Bauwirtschaft entwickelt worden.
Abweichen "von anerkannten Regeln der Technik" soll einfacher werden
Weiter sollen fachkundige Unternehmer künftig einfacher von den "anerkannten Regeln der Technik" abweichen können, wenn sie miteinander Verträge über den Neu- oder Umbau eines Gebäudes oder einer Außenanlage schließen. Die Abweichung soll künftig nicht mehr voraussetzen, dass der Bauunternehmer den Besteller des Bauwerks über deren Risiken und Konsequenzen aufklärt. Haben die Unternehmer keine Vereinbarung zu einem Abweichen von den "anerkannten Regeln der Technik" getroffen, soll eine Abweichung davon künftig unter gewissen Voraussetzungen dennoch keinen Mangel des Bauwerks begründen, nämlich wenn (1) sie dem Besteller vor Ausführung der Bauleistung angezeigt wird, (2) der Besteller nicht unverzüglich widersprochen hat und (3) die dauerhafte Sicherheit und Eignung des Gebäudes gewährleistet ist.
Hintergrund der Pläne aus dem BMJ ist die aktuell strenge Rechtsprechung. Der BGH unterstellt, dass bei jedem Architekten-/ Ingenieurvertrag, falls nicht ausdrücklich, so doch zumindest stillschweigend vereinbart werde, die allgemein anerkannten Regeln der Technik als (Mindest-) Beschaffenheitsvereinbarung einzuhalten. Wer sie verletzt, läuft somit Gefahr, ein mangelhaftes Werk abzuliefern.
Außerdem sollen Bauunternehmen auch einfacher von Rechtsverordnungen abweichen können. Dabei geht es vor allem um Rechtsverordnungen, die die Nutzung von innovativen, nachhaltigen oder kostengünstigen Bauweisen oder Baustoffen erheblich erschweren. Solche Verordnungen soll die Bundesregierung nach einem neuen § 650a Abs. 4 BGB zukünftig ohne Beteiligung des Bundesrats erlassen dürfen. Sie sollen aber ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht Vertragsinhalt von Bauverträgen werden. Ihre Einhaltung soll nur geschuldet sein, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.