Sie erkennen den Staat nicht an, sind Anhänger von Verschwörungserzählungen und zahlen oft keine Steuern. Die aktuell größte Vereinigung aus dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter ist der Verein "Königreich Deutschland". Er soll bundesweit etwa 6.000 Anhänger haben und wurde 2012 in Wittenberg gegründet. Nun hat Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) ihn verboten. Es laufen Ermittlungen wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB).
Die Mitglieder dieser Vereinigung hätten einen "Gegenstaat" geschaffen und wirtschaftskriminelle Strukturen aufgebaut, sagte Dobrindt in einer Mitteilung seines Ministeriums. Zweck und Tätigkeit des Vereins liefen den Strafgesetzen zuwider und richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung. Ihren vermeintlichen Herrschaftsanspruch hätten die Mitglieder des "Königreichs" durch antisemitische Verschwörungserzählungen untermauert, heißt es weiter. "Das kann in unserem Rechtsstaat nicht geduldet werden."
Durchsuchungen und erste Festnahmen
Nach Angaben des Innenministeriums durchsuchen Einsatzkräfte der Polizei seit den frühen Morgenstunden von dem Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Vier mutmaßliche Rädelsführer der nun verbotenen Gruppe habe die Bundesanwaltschaft bereits festgenommen, darunter Gründer Peter Fitzek. Dem "König von Deutschland" werden zusätzlich auch unerlaubte Einlagen- und Versicherungsgeschäfte vorgeworfen. Zwar ist die Bundesanwaltschaft nicht automatisch zuständig, mit Blick auf die mutmaßlichen Rädelsführer habe die oberste Anklagebehörde in Deutschland die Ermittlungen aber wegen der besonderen Bedeutung an sich gezogen, erklärte eine Sprecherin.
Zwei der Festnahmen erfolgten demnach im Landkreis Mittelsachsen, je eine weitere in den Landkreisen Oder-Spree in Brandenburg und Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz. Die vier festgenommenen Deutschen seien 37, 38, 46 und 59 Jahre alt. Sie sollen heute und morgen einem Ermittlungsrichter am BGH vorgeführt werden.
"Keine harmlosen Sonderlinge"
"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Viele von ihnen behaupten, das historische Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Demokratische und rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament, Gesetze oder Gerichte werden nicht anerkannt; Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder häufig nicht gezahlt. Die Szene besteht aus vielen, meist kleineren Gruppierungen. Manche sehen sich als Staatsoberhäupter ihres eigenen kleinen Reiches.
"Reichsbürger sind Feinde unserer Demokratie – keine harmlosen Sonderlinge", die "kruden rechtsextremen Verschwörungserzählungen" anhängen, kommentierte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) das Verbot des "Königreich Deutschland".