BMI verbietet "Islamisches Zentrum Hamburg"

In der Blauen Moschee in Hamburg dürfte es nun still werden. Der dort ansässige muslimische Verein ist am Mittwoch verboten worden. Grund sind mutmaßlich starke Verbindungen zum iranischen Regime.

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat am Mittwoch das "Islamische Zentrum Hamburg e.V." (IZH)  verboten, wie es in einer Mitteilung bekanntgab. Bei dem Verein handele es um eine islamistische Organisation, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge, heißt es darin. Ebenfalls verboten wurden bundesweit mehrere Teilorganisationen des IZH.

Das Verbot hat unter anderem zur Folge, dass das Vereinsvermögen beschlagnahmt wird. Zur Vorbereitung fanden am Mittwoch Durchsuchungen in 53 Objekten in Hamburg, Bremen, Berlin, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Nordrhein-Westfalen sowie Bayern unter Beteiligung von Sicherheitsbehörden des Bundes und der jeweiligen Länder statt. 

IZH als Stellvertreter des iranischen "Revolutionsführers"

Zur näheren Begründung führte das BMI in seiner Mitteilung aus, das IZH sei als direkte Vertretung des iranischen "Revolutionsführers" zu sehen und verbreite dessen Ideologie in Deutschland, wobei Ideale einer autoritär-theokratischen Herrschaft im Vordergrund stünden. Schließlich verbreite der Verein auch einen "aggressiven Antisemitismus" und unterstütze die in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Terrororganisation "Hizb Allah". Zweck und Tätigkeit des Vereins seien gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet. Sie verstießen gegen Strafgesetze und liefen den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwider.

Die Formulierung entspricht den Voraussetzungen, die § 3 Abs. 1 S. 1 VereinsG für das Verbot eines Vereins aufstellt. Ein Verbot kann aber nicht schon ausgesprochen werden, wenn bloß einzelne Mitglieder eines Vereins diese Anforderungen erfüllen. Vielmehr müssen die Verbotstatbestände durch die Bestrebungen des Vereins als Ganzes erfüllt sein.

Handlungen einzelner Mitgliedern können aber Anknüpfungspunkt für ein Verbot sein, wenn sie in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit im Verein stehen oder sie vom Verein als Ganzes unterstützt werden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, die Ideologie des IZH sei "gegen die Menschenwürde, gegen Frauenrechte, gegen eine unabhängige Justiz und gegen unseren demokratischen Staat" gerichtet. Nach umfassenden Durchsuchungsmaßnahmen im November vergangenen Jahres hätten sich die Verdachtsmomente gegen die Organisation so erhärtet, dass sie zum nun ausgesprochenen Verbot geführt hätten. "Dem Treiben dieser Islamisten haben wir damit ein Ende gesetzt. Das ist ein weiterer konsequenter Schritt gegen islamistischen Extremismus", ließ sich Faeser zitieren.

Die Ministerin betonte dabei, sich nicht gegen eine Religion zu richten, sondern gegen die politische Dimension der Tätigkeit des Vereins, den der Verfassungsschutz neben der Botschaft für "die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland" hält. Im November 2022 hatte deshalb der Bundestag die Regierung aufgefordert, zu prüfen, "ob und wie das Islamische Zentrum Hamburg als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann".

Unionspolitiker kritisiert Dauer bis zum Verbot

Bei religiösen Vereinen ist das Ministerium in der Regel besonders zurückhaltend mit Verboten. Ein Beispiel ist die Berliner Fussilet Moschee, die 2017 geschlossen wurde. Sie galt als Treffpunkt sunnitischer Extremisten. Der spätere Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri verkehrte hier.

Die Rufe nach einem Verbot waren nach der brutalen Niederschlagung der Massenproteste im Iran 2022 lauter geworden. Der Zeitpunkt könnte auch mit der Eskalation des Nahost-Konflikts zusammenhängen, in dem sich die iranische Führung verbal und auch durch die Lieferung von Waffen an Verbündete gegen Israel positioniert. 

Weshalb Faeser so lange für das Verbot gebraucht habe, sei ihm unerklärlich, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm. Schließlich sei seit langem bekannt, "dass das IZH der verlängerte Arm des islamistischen Regimes in Deutschland ist".

Was geschieht mit der Blauen Moschee?

Das IZH und die von ihm in Hamburg betriebene Blaue Moschee an der Alster wird von schiitischen Muslimen verschiedener Nationalitäten als zentrale religiöse Anlaufstelle genutzt. Seit Jahrzehnten finden in der Moschee regelmäßig Gebetsveranstaltungen und religiöse Feiern statt. Zudem werden dort laut Verfassungsschutz diverse Lehrveranstaltungen angeboten – etwa islamischer Religionsunterricht für Kinder und Unterricht in den Sprachen Arabisch, Farsi und Deutsch.

Der Leiter des IZH, Mohammad Hadi Mofatteh, gilt laut Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz als Vertreter des iranischen Obersten Führers in Europa. Im jüngsten Hamburger Verfassungsschutzbericht heißt es über ihn: "Mofatteh ist ein versiert geschulter Vertreter des gegenwärtigen Regimes in Teheran. Seine Familie ist fest in die staatlich-religiöse Elite des Iran eingebunden". Er sei dem Obersten Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, berichtspflichtig und weisungsgebunden. Bei früheren Durchsuchungen wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen Dokumente gefunden, die diese enge Verbindung deutlich belegen.

Das Vereinsvermögen geht, wenn das Verbot rechtskräftig wird, an den Bund über. Die Frage, was der deutsche Staat mit einem repräsentativen islamischen Sakralbau wie der Blauen Moschee anfangen soll, ist allerdings nicht ganz einfach zu beantworten. In der Hamburgischen Bürgerschaft, die fraktionsübergreifend die Schließung des IZH gefordert hatte, wurde bereits der Ruf laut, die Moschee als Gebetsort für schiitische Muslime zu erhalten. Allerdings müsse der Einfluss Teherans auf die Einrichtung ausgeschlossen werden.

Redaktion beck-aktuell, mam, 24. Juli 2024 (ergänzt durch Material der dpa).