Eine Kanzlei, die an einer Ausschreibung des Bundes für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen teilnehmen wollte, ohne Referenzen vorzulegen, ist vor dem Bundeskartellamt mit ihrem Nachprüfungsantrag gescheitert. Die 1. Vergabekammer hält es für rechtmäßig, auch von Anwaltssozietäten Angaben zu Auftraggebern, Ansprechpartnern und dem jährlichen Nettoauftragsvolumen vergangener einschlägiger Aufträge zu fordern.
Referenzen stellten den zentralen Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit potenzieller Bewerber für Ausschreibungen dar, so die 1. Vergabekammer beim BKartA. Sie machten es dem Auftraggeber erst möglich, festzustellen, ob der Bewerber über hinreichende praktische Erfahrungen in der themenbezogenen Rechtsberatung verfügt. Das gelte auch und gerade für Beratungsdienstleistungen.
Anonyme Referenzen, wie es die Kanzlei unter Berufung auf ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht forderte, könnten diesen Zweck laut dem BKartA nicht erfüllen. Angebliche Verstöße gegen die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verneinen die Richter wie die Vermutung, dass Angaben von Anwälten immer verlässlich seien.
Auch anwaltliche Angaben müssen überprüfbar sein
Die geforderten Referenzangaben sind für die Auftragserfüllung notwendig, entschied das BKartA. Mit anonymisierten Daten wäre eine Auswahlentscheidung im Teilnahmewettbewerb demnach kaum möglich, nicht nachvollziehbar und auch nicht rechtssicher begründbar. Der Auftraggeber könnte bloß noch erkennen, dass der Bieter sich mit einem bestimmten Thema schon einmal befasst habe, den Umfang der damaligen Beratungsleistung wie auch deren wirtschaftliche Bedeutung aber nicht nachvollziehen.
Das Argument, Anwälte als Organe der Rechtspflege machten per se verlässliche anonyme Angaben, überzeugt das BKartA nicht. Auch Anwälte stünden im Wettbewerb mit anderen Kanzleien, eine zumindest stichprobenartige Überprüfung ihrer Angaben müsse trotz ihrer besonderen Stellung möglich bleiben.
Einen Verstoß gegen die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (§ 43 Abs. 2 BRAO) sieht die Vergabekammer nicht, weil die Kanzlei schließlich die Einwilligung ihrer Mandanten einholen könne. Das sei keine unzumutbare Belastung, insbesondere nach Beendigung des Mandats könne diese eingeholt werden. Zudem habe der Auftraggeber die vertrauliche Behandlung zugesagt.
Dass damit die Auswahl der Mandate, mit denen Kanzleien sich bewerben könnten, de facto im Belieben der Mandanten stehe und sie ihre tatsächliche Erfahrung und Leistungsfähigkeit im Verfahren möglicherweise nicht realistisch belegen könnten, führe nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung, meint die Vergabekammer. Zu verweigerten Freigaben durch Mandanten habe die rügende Kanzlei nichts Substanziiertes vorgetragen, während es anderen Kanzleien sehr wohl möglich gewesen sei, mehr oder minder umfangreiche Referenzlisten vorzulegen.