Google wegen Konditionen zu Datenverarbeitung abgemahnt

Das Bundeskartellamt (BKartA) hat Google im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens wegen seiner Konditionen zur Datenverarbeitung abgemahnt. Die Behörde gehe aktuell davon aus, dass das Unternehmen seine Datenverarbeitungskonditionen und die darauf gestützte Praxis anpassen muss. Nach dem jetzigen Verfahrensstand sei davon auszugehen, dass die neuen Vorschriften für Digitalkonzerne (§ 19a GWB) einschlägig sind, teilte das BKartA am Mittwoch mit.

Zwischenschritt in Verwaltungsverfahren

Die ausführlich begründete Abmahnung bilde in dem gegen Google geführten Verwaltungsverfahren zunächst einen Zwischenschritt, der dem Unternehmen die Möglichkeit einräume, zur vorläufigen Einschätzung des Amtes im Einzelnen Stellung zu nehmen und weitere Rechtfertigungsgründe oder Lösungsvorschläge vorzutragen. Am Ende könne es zu einer Einstellung des Verfahrens, Verpflichtungszusagen des Unternehmens oder einer Untersagung durch die Kartellbehörde kommen, heißt es in der Mitteilung des BKartA. Eine abschließende Entscheidung in der Sache werde voraussichtlich noch in 2023 ergehen.

Nutzer müssten ausreichende Wahlmöglichkeiten haben

Das BKartA habe am 23.12.2022 Alphabet Inc., Mountain View, USA, Google Ireland Ltd., Dublin, Irland, und Google Germany GmbH, Hamburg, seine vorläufige rechtliche Einschätzung in dem Verfahren wegen Googles Konditionen zur Datenverarbeitung übersandt. "Das Geschäftsmodell von Google baut ganz grundlegend auf der Verarbeitung von Nutzerdaten auf", betonte BKartA-Präsident Andreas Mundt,. Google habe hier einen strategischen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen aufgrund des etablierten Zugangs zu relevanten Daten aus einer sehr großen Zahl an verschiedenen Diensten. Google müsse sich an den Anforderungen der neuen Wettbewerbsvorschriften für Digitalkonzerne messen lassen. Das Unternehmen müsse den Nutzerinnen und Nutzern ausreichende Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Verarbeitung ihrer Daten einräumen, betonte Mundt.

Kritik an dienstübergreifender Datenverarbeitung

Auf Basis seiner aktuellen Konditionen könne Google eine Vielzahl von Daten aus verschiedensten Diensten kombinieren und damit beispielsweise sehr detaillierte Profile über Verbraucherinnen und Verbraucher anlegen, die das Unternehmen für Werbung sowie für andere Zwecke nutzen kann, oder auch Funktionen von Diensten trainieren, heißt es in der Mitteilung des BKartA. Die Konditionen sähen vor, dass Google Daten, beispielsweise mithilfe seiner zahlreichen eigenen, teils sehr reichweitenstarken Dienste, wie der Google Suche, YouTube, Google Play, Google Maps und dem Google Assistant, aber auch mithilfe zahlreicher Webseiten und Apps Dritter, für verschiedenste Zwecke erheben und dienstübergreifend verarbeiten kann. Dies betreffe auch Daten aus sogenannten Hintergrunddiensten Googles wie den Play Services, die teilweise regelmäßig Daten von Android-Geräten erheben.

Bisherige Wahlmöglichkeiten zu intransparent und pauschal

Wie das BKartA mitteilt, ist es zu der vorläufigen Einschätzung gelangt, dass die Nutzerinnen und Nutzer auf der Basis der aktuellen Konditionen keine ausreichende Wahl haben, ob und inwieweit sie mit dieser weitreichenden dienstübergreifenden Verarbeitung ihrer Daten einverstanden sind. Die bislang angebotenen Wahlmöglichkeiten seien insbesondere zu intransparent und pauschal, soweit Google überhaupt Wahlmöglichkeiten anbiete. Nach der derzeitigen Einschätzung der Behörde setzten ausreichende Wahlmöglichkeiten insbesondere voraus, dass Nutzerinnen und Nutzer die Datenverarbeitung auf den jeweils genutzten Dienst beschränken können. Darüber hinaus müssten sie auch nach den Zwecken der Datenverarbeitung differenzieren können. Die angebotenen Wahlmöglichkeiten dürften zudem nicht so ausgestaltet sein, dass sie es Nutzerinnen und Nutzern leichter machen, die Zustimmung zu einer dienstübergreifenden Datenverarbeitung zu erteilen als sie nicht zu erteilen.

BKartA will Google möglicherweise Neugestaltung aufgeben

Nicht zulässig sei zudem eine anlasslos und präventiv erfolgende flächendeckende dienstübergreifende Vorratsdatenverarbeitung, auch nicht für Sicherheitszwecke, die ohne jede Wahlmöglichkeit für Nutzerinnen und Nutzer erfolge. Wie das BKartA mitteilt, beabsichtigt es daher derzeit, dem Unternehmen eine Neugestaltung der angebotenen Wahlmöglichkeiten aufzugeben.

Verfahren auf Basis des deutschen Wettbewerbsrechts

Im Dezember 2021 hatte die Behörde bereits festgestellt, dass Google nach § 19a GWB eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat. Unter dieser Voraussetzung erlaubt die neue Digitalvorschrift, bestimmte wettbewerbsgefährdende Praktiken solcher Unternehmen zu untersagen. Das Bundeskartellamt stützt sich bei seinem Verfahren auf das deutsche Wettbewerbsrecht.

Digital Markets Act für bestimmte Dienste einschlägig

Für bestimmte Dienste von Google dürfte nach Mitteilung des BKartA zukünftig auch der europäische Digital Markets Act (DMA) anzuwenden sein, dessen Durchsetzung in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Kommission fällt. Der DMA beinhalte ebenfalls eine Vorschrift, die eine dienstübergreifende Datenverarbeitung adressiert, allerdings nur sofern von der Europäischen Kommission noch zu benennende sogenannte zentrale Plattformdienste involviert sind. Das vorliegende Verfahren auf Basis des nationalen § 19a GWB reicht nach Angaben des BKartA teilweise über die zukünftigen Anforderungen des DMA hinaus. Das BKartA stehe dazu im Austausch mit der Europäischen Kommission.

Redaktion beck-aktuell, 11. Januar 2023.