BKartA mahnt Bahn wegen Behinderung von Mobilitätsplattformen ab

Das Bundeskartellamt hat die Deutsche Bahn (DB) wegen Behinderung von Mobilitätsplattformen abgemahnt. Nach seinem vorläufigen Prüfungsergebnis stellen bestimmte Verhaltensweisen und Vertragsklauseln der DB einen Missbrauch von Marktmacht dar. So erhielten die Plattformen keinen Zugang zu Daten, die für ihre Dienste wichtig seien. Ferner gebe es etwa Werbeverbote, vertikale Preisvorgaben und weitreichende Rabattverbote.

Monierte Verhaltensweisen und Vertragsklauseln

Mobilitätsplattformen böten hauptsächlich Online-Lösungen für eine integrierte Routenplanung an, für die die Schiene eine wichtige Rolle spiele. So vermittelten sie etwa die Kombination von Bahntickets mit Flügen, Carsharing, Fernbus oder Mietfahrrädern. Für Dienste dieser Art stelle die DB keine Prognosedaten des Schienenpersonenverkehrs, wie zum Beispiel Daten über Verspätungen, Fahrtverlauf, Zugausfälle oder Gleiswechsel zur Verfügung, die aber essentiell für die Entwicklung solcher Dienstleistungen seien. Die DB behalte diese Daten sich selbst sowie wenigen ausgewählten Anbietern von Mobilitätsdienstleistungen wie zum Beispiel Google vor. Die im Verfahren adressierten vertraglichen Beschränkungen der DB reichten von Werbeverboten über vertikale Preisvorgaben gegenüber den Reisenden und weitreichende Rabattverbote bis hin zu einer möglichen Diskriminierung eines Teils der Mobilitätsplattformen bei der Provisionshöhe für den Ticketvertrieb.

Besondere Pflichten gegenüber Dritten

Das Bundeskartellamt hat Ende des Jahres 2019 ein Missbrauchsverfahren gegen die DB wegen Verstoßes gegen §§ 19, 20 GWB und Art. 102 AEUV eingeleitet. Nach dem vorläufigen Prüfungsergebnis sei die vom Netzbetrieb bis zum Fahrkartenvertrieb vertikal integrierte Deutsche Bahn das in Deutschland marktbeherrschende Verkehrsunternehmen auf der Schiene. Daher unterfalle die DB der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht und habe besondere Pflichten gegenüber Dritten, etwa Mobilitätsdienstleistern.

Doppelrolle der Deutschen Bahn

Laut Bundeskartellamt nimmt die DB nach jetzigem Ermittlungsstand eine Doppelrolle ein. Sie sei einerseits eine marktstarke Mobilitätsplattform mit ihrem Portal bahn.de und mit ihrer App DB Navigator. Sie kombiniere über den eigenen Fahrkartenvertrieb hinaus eigene verkehrsmittelübergreifende Angebote und übernehme den Fahrkartenvertrieb auch für Dritte, so für über 50 Verkehrsverbünde. Andererseits habe sie als mit weitem Abstand führendes Schienenverkehrsunternehmen die Möglichkeit, aufgrund ihrer Schlüsselstellung die Nutzung des Schienenverkehrs in den Angeboten Dritter zu kontrollieren.

Beeinträchtigungen auch kleinerer Bahnen

Die Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkungen berührten auch die Interessen anderer Verkehrsunternehmen, die ebenfalls auf den Plattformen der Online-Partner der DB zu finden seien. Gerade für die in Deutschland deutlich kleineren und weniger bekannten Bahnen könnten Mobilitätsplattformen ein wichtiger Kanal sein, um ihre Reichweite zu erhöhen und Nachfrager für ihre Verkehrsdienstleistungen zu gewinnen. Werden Reisende aber direkt oder indirekt immer weiter zu den Kanälen der DB gelenkt, erreichten die alternativen Verkehrsunternehmen nur wenige potentielle Kundinnen und Kunden für ihre Verkehrsangebote und die Marktmacht der DB verfestige sich auch auf den Verkehrsmärkten weiter.

Redaktion beck-aktuell, 21. April 2022.