Biden beginnt Amtszeit mit Demontage von Trumps Vermächtnis

Der neue US-Präsident Joe Biden hat ohne Umschweife mit der Demontage von besonders umstrittenen Entscheidungen seines Vorgängers Donald Trump begonnen. Sein erster ganzer Tag im Weißen Haus sollte im Zeichen der Corona-Krise stehen, gegen die der 78-Jährige entschlossen vorgehen will. Trotzdem blieb genug Zeit, um auch noch den Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen einzuleiten und den WHO-Austritt zu stoppen.

Rückkehr zum Klimaabkommen

"Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt zusammenarbeiten", versprach Biden in seiner Antrittsrede vor dem US-Kapitol am Mittwoch. Kurz danach unternahm er die ersten Schritte dafür: Er leitete die Rückkehr in das Klimaabkommen von Paris ein. Die USA waren Anfang November offiziell ausgeschieden - ein Jahr nachdem Trumps Regierung den Austritt aus dem historischen Abkommen erklärt hatte. Nach Angaben der UN sind die USA ab dem 19.02.2021 wieder Teil des Vertrags. Biden will Amerika eigenen Aussagen zufolge zu einer führenden Nation beim Kampf gegen die Erderwärmung machen.

Stopp des WHO-Austritts

Auf internationale Zusammenarbeit setzt Biden auch bei der Bewältigung der Corona-Pandemie. Nachdem er den von Trump mitten in der globalen Krise eingeleiteten Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation gestoppt hatte, nahm der renommierte Immunologe und Präsidentenberater Anthony Fauci am 21.01.2021 direkt an einer WHO-Sitzung teil und kündigte den Beitritt des Landes zur internationalen Impfinitiative Covax an.

Kampf gegen Corona

Die Corona-Pandemie unter Kontrolle zu bekommen ist eines der Hauptanliegen von Biden. Dafür unterschrieb er eine Reihe von Verordnungen. Eine Verfügung soll die Herstellung von Schutzausrüstung, Testzubehör und Materialien für die Verabreichung der Impfstoffe beschleunigen. Andere Verordnungen zielen auf die Ausweitung der Testkapazitäten, die Unterstützung von Studien zu Behandlungsmöglichkeiten, die sichere Wiedereröffnung der Schulen und den Schutz von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz ab.

Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden

An seinem ersten Amtstag ordnete Biden zudem für die nächsten 100 Tage eine Maskenpflicht an, die an Orten im Zuständigkeitsbereich des Bundes greift, beispielsweise in Gebäuden von Bundesbehörden, in Flugzeugen und Zügen. Mehr als 400.000 Menschen sind in den USA seit Beginn der Pandemie gestorben. Am 20.01.2021 lag die Zahl der verzeichneten Toten mit 4.231 nur knapp unter dem am 12.01.2021 verzeichneten Höchstwert von 4.462, wie aus Daten der Johns-Hopkins-Universität hervorging.

Einreise für Muslime

Biden schlug zudem die Pflöcke für eine Abkehr des rigorosen Anti-Migrations-Kurses von Trump ein. Er hob das vom Ex-Präsidenten verfügte Einreiseverbot für Menschen aus mehreren überwiegend muslimisch geprägten Ländern auf, das Trump eine Woche nach seinem Amtsantritt 2017 erlassen hatte. Zudem schickte er einen Gesetzesentwurf an den US-Kongress. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in den USA die Chance auf einen Aufenthaltstitel bekommen sollen - und auf lange Sicht auch die US-Bürgerschaft.

Migration und Mauerbau

"Während der Trump-Regierung haben wir die Aufgabe unserer amerikanischen Werte mit Blick auf die Einwanderung gesehen", sagte die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield, dem Sender CNN. Biden werde für Menschlichkeit sorgen. Der neue Präsident wies das Heimatschutzministerium an, Schritte in die Wege zu leiten, die auf die dauerhafte Sicherung eines Programms zum Schutz von rund 700.000 jungen Migranten vor einer Abschiebung abzielen. Biden entzog zudem einem Herzensprojekt Trumps die Finanzierungsgrundlage: dem Mauerbau an der Grenze zu Mexiko.

Ein Präsident für Alle

Biden trat sein Amt mit einem Aufruf zu Einheit und Versöhnung an - was ebenfalls im Kontrast zu seinem Vorgänger stand. "Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein", versprach Biden vor dem hochgesicherten US-Kapitol, das zwei Wochen zuvor von gewalttätigen Anhängern Trumps erstürmt worden war. Biden sagte, er werde genauso für diejenigen kämpfen, die ihn bei der Wahl nicht unterstützt hätten, wie für jene, die dies getan hätten. Gefeiert werde nicht der Sieg eines Kandidaten, sondern der Sieg der Demokratie. "Die Demokratie hat sich durchgesetzt."

Der neue Ton

Von seinen Mitarbeitern verlangte Biden, dass sie sich ihrer Verpflichtung gegenüber dem Volk bewusst sein müssten, und er mahnte einen respektvollen Umgang miteinander an. "Wenn Sie jemals mit mir arbeiten und ich höre, dass Sie einen anderen Kollegen respektlos behandeln, jemanden runtermachen. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie auf der Stelle feuern werde", sagte Biden. Seinerseits sagte er zu, dass er eigene Fehler eingestehen und offen mit ihnen umgehen werde.

Rückkehr der Pressekonferenzen

Das neue Weiße Haus versprach zudem Transparenz und einen ehrlichen Umgang mit Journalisten. Sprecherin Jen Psaki kündigte an, die täglichen Presse-Briefings im Weißen Haus wieder aufleben lassen zu wollen. Traditionell fanden Pressekonferenzen früher in der Regel an Werktagen statt. Unter Biden-Vorgänger Donald Trump gab es sie nur noch sporadisch - wenn überhaupt. Trumps Sprecher hatten ein angespanntes Verhältnis zum Pressekorps, sie waren dafür aber umso loyaler zu Trump.

Trumps letzte Botschaften

Die Wege von Biden und Trump kreuzten sich am Mittwoch nicht mehr. Trump war am Morgen vor Bidens Vereidigung in Richtung Florida abgereist. Er war der erste Präsident seit Andrew Johnson im Jahr 1869, der der Zeremonie zur Amtseinführung seines Nachfolgers fernblieb. Mit einer Tradition brach Trump nicht: Er hinterließ Biden vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus eine Notiz im Büro des Präsidenten. "Der Präsident hat einen sehr wohlwollenden Brief geschrieben", sagte Biden. Weil es sich bei dem Brief um eine persönliche Angelegenheit handele, wolle er nicht darüber sprechen, solange er nicht mit Trump geredet habe. Die Präsidentenmaschine mit den Trumps an Bord hob zu den Klängen von Frank Sinatras "My Way" ab, im Text heißt es unter anderem: "Ich habe nur wenig zu bedauern" oder "Ich habe getan, was ich tun musste".

Trump droht weiterhin Amtsenthebungsverfahren

Nach der Abreise blieb es ruhig um den 74-Jährigen. Aus den Schlagzeilen dürfte er aber so schnell nicht verschwinden. Das US-Repräsentantenhaus hatte ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eröffnet, mit dem die Demokraten Trump für den Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol zur Verantwortung ziehen wollen und auf eine Ämtersperre abzielen. Wann der Senat das Verfahren verhandelt, war aber zunächst unklar.

Redaktion beck-aktuell, 22. Januar 2021 (dpa).