Dem falschen Vermögensberater vertraut
Ein Ehepaar überließ einem Vermögensberater und seiner mit ihm verheirateten Mitarbeiterin rund 200.000 Euro und erlitt einen Totalverlust. Vor dem Landgericht forderten sie das Geld zurück – der Finanzfachmann wurde verurteilt, seine Angestellte aber nicht. Sie war psychisch krank, reichte entsprechende Atteste ein, und behauptete, prozessunfähig zu sein. Das Oberlandesgericht Karlsruhe holte ein Gutachten über die Prozessfähigkeit ein. Weil die Angestellte aber zunächst wegen eines noch nicht bewilligten PKH-Antrags das Gespräch mit dem Gutachter verweigerte, konnte dieser nur anhand der Aktenlage erklären, dass er nicht genügend Anhaltspunkte für ihre Unfähigkeit, selbst vor Gericht aufzutreten, gefunden hatte. Nachdem für die Beklagte zu zwei Gerichtsterminen niemand erschien, erging ein zweites Versäumnisurteil gegen sie. Dagegen erhob die Mitarbeiterin Revision zum BGH – mit Erfolg.
Kein Versäumnisurteil ohne Nachweis der Prozessfähigkeit
Solange nicht eindeutig belegt ist, dass die Angestellte des Vermögensberaters prozessfähig ist, kann das Gericht nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kein Versäumnisurteil gegen sie erlassen, so der BGH. Da Anhaltspunkte für die Prozessunfähigkeit vorlagen, habe das Gericht von Amts wegen nach § 56 Abs. 1 ZPO in die Beweisaufnahme eintreten müssen. Zwar habe der Gutachter in der Akte keine Anknüpfungspunkte für die Prozessunfähigkeit gefunden, aber er habe ohne das Gespräch mit der Patientin und der Auswertung ihrer Krankenakten auch nicht alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft. Nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe sei sie nunmehr zu einem Gespräch bereit. Der BGH hob daher das zweite Versäumnisurteil auf und verwies die Sache an das OLG zurück.
Mögliche Rechtsfolgen beim OLG
Der III. Zivilsenat wies darauf hin, dass die Klage durch Prozessurteil abgewiesen werden muss, wenn begründete Zweifel an der Prozessfähigkeit verbleiben sollten und die Einrichtung einer Betreuung nach § 1896 BGB oder die Bestellung eines Prozesspflegers in entsprechender Anwendung von § 57 ZPO scheitern sollten. Die nach § 104 BGB übliche Beweislastregelung, wonach der Betroffene seine Geschäftsunfähigkeit darlegen und beweisen muss, findet laut den Karlsruher Richtern bei Entscheidungen über die Prozessfähigkeit keine Anwendung.