Zustimmung des Gegners zu erneuter Fristverlängerung

Beantragt ein Anwalt in einer Familiensache eine Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist über einen Monat hinaus ohne die erforderliche Zustimmung des Gegners, beruht das anschließende Säumnis auf seinem Verschulden. Bei unvollständigen Anträgen besteht laut Bundesgerichtshof grundsätzlich keine gerichtliche Hinweispflicht. Über deren Voraussetzungen müsse sich ein Jurist eigenverantwortlich informieren.

Zustimmung der Ex-Frau nicht eingeholt

In einem Scheidungsverfahren stritten die geschiedenen Eheleute über den Zugewinnausgleich. Das Amtsgericht Weinheim hatte den ehemaligen Gatten am 30.10.2019 zur Zahlung von 238.000 Euro verurteilt. Dagegen legte er rechtzeitig am 05.11.2019 Beschwerde ein. Zugleich beantragte er, die Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat bis zum 05.02.2020 zu verlängern. Dem Gesuch kam die Senatsvorsitzende nach. Eine erneute Fristverlängerung um einen Monat lehnte sie jedoch wegen fehlender Zustimmung der Ex-Frau als Beschwerdegegnerin ab. Ihr Kontrahent vertrat die Ansicht, die Zurückweisung des zweiten Fristverlängerungsantrags sei rechtswidrig gewesen. Es bedürfe nur einer Anhörung, nicht aber einer Zustimmung des Beschwerdegegners. Seine Beschwerdebegründung ging beim Oberlandesgericht Karlsruhe erst am 25.02.2020 ein. Die Karlsruher Richter verwarfen die Beschwerde wegen Versäumung der Begründungsfrist.

Keine gerichtliche Hinweispflicht

Dies sah der BGH genauso. Die bereits bis zum 05.02.2020 verlängerte Frist habe durch die erst am 25.02.2020 eingegangene Beschwerdebegründung nicht mehr gewahrt werden können. Zudem war laut BGH die Fristversäumung dem Ex-Mann aufgrund des Verschuldens seines Anwalts zuzurechnen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, § 85 Abs. 2 ZPO). Eine Fristverlängerung über einen Monat hinaus sei ohne Einwilligung des Gegners nicht zulässig (§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO). Der Anwalt hätte grundsätzlich nur dann eine weitere Verlängerung erwarten dürfen, wenn er darauf vertrauen durfte, der Gegner werde eine erbetene Zustimmung vor Ablauf der Frist erteilen. Dafür bestand laut den Karlsruher Richtern aber keine Grundlage. Der Jurist habe bis zur Einreichung des zweiten Antrags keine Zustimmung der Ex-Frau eingeholt, sondern dies erst am 06.02.2020 nachgeholt, mithin nach Fristablauf. Er sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass keine Billigung erforderlich sei. Dem XII. Zivilsenat zufolge traf das OLG auch keine Hinweispflicht hinsichtlich der Voraussetzungen einer Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist. Es handle sich um geläufige Normen, über die sich der Anwalt in eigener Verantwortung hätte informieren müssen.

BGH, Beschluss vom 25.08.2021 - XII ZB 172/20

Redaktion beck-aktuell, 6. Oktober 2021.

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